Leserbriefe

Rundfunkbeiträge und Zwangsausübung

Simon Kromer, Wendlingen. Zum Leserbrief „Die ARD wird zum Schurken gemacht“ vom 21. Februar. Herr Klingenmaier ist also der Meinung, das Wort „Zwangsgebühren“ durchsetze jede Debatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk „mit dem Gestank des Ungeheuerlichen“. Als Rundfunkteilnehmer, der jetzt seit fast zwei Jahren zwar keinen Fernsehanschluss besitzt, aber Rundfunk-„Beiträge“ bezahlen muss, weil die ARD nicht wie jeder andere Anbieter öffentlich zugängliche Angebote im Internet verschlüsselt, sondern sie für jeden freischaltet, weil sowieso keiner die Möglichkeit hat, sich den hierfür zu entrichtenden Gebühren auf legalem Weg zu entziehen, würde ich dann aber gerne wissen, welchen Begriff ich verwenden soll. Denn der „Beitrag“ ist zwar tatsächlich der korrekte Terminus für die Finanzierung einer öffentlichen Leistung, die ich trotzdem nicht in Anspruch nehmen muss. In erster Linie versteht man unter einem „Beitrag“ allerdings Zuwendungen für Vereine oder Veranstaltungen, denen ich Geld nun mal freiwillig zukommen lasse, weil sie mir dafür irgendeine wertvolle Gegenleistung erbringen, zu der ich gerne einen „Beitrag“ leiste, weil mir das wichtig ist.

Man kommt also nicht umhin, dieser Verwendung des Wortes zu unterstellen, dass sie die Zwangsausübung bei der „Beitrags“-Erhebung erheblich verharmlost. Es erscheint mir daher gerechtfertigt, provokante Ausdrücke wie „Zwangsgebühr“ zu verwenden, um auf diesen Missstand hinzuweisen. Im Gegenteil ist es doch sehr bedenklich, dass dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk, der das Recht auf eine allgemeine „Beitrags“-Erhebung damit rechtfertigt, dass er die Bevölkerung als Ganzes repräsentiert, der auf seiner Internetseite sogar „Staatsferne“ als ein wesentliches Charakteristikum erwähnt, meint, ein Framing-Papier finanzieren zu müssen, das Tipps gibt, wie man sich als „Beitrags“-finanzierter Sender besonders positiv darstellt. Denn „staatsferne“ Individuen fragen sich zum Beispiel auch, ob in Zeiten des Internets, in der sich das private Medienangebot erheblich vergrößert und diversifiziert hat, ein solcher „öffentlicher“ Rundfunk wirklich notwendig ist.

Es klingt vielleicht paradox, aber gerade ein über staatliche Kanäle finanzierter Sender darf sich nicht als Gegner dieser Menschen verstehen, sondern muss sie fair – wie jede andere gesellschaftliche Gruppierung auch – in die Debatte einbeziehen, oder er verliert die Rechtfertigung seiner Existenz. Andernfalls wäre die Bezeichnung „Staatsfunk“ nicht niederträchtig, wie Herr Klingenmaier meint, sondern schlicht eine nüchterne Beschreibung dieser Institution.

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