Licht der Hoffnung

Durch Kunst dem Elend entrinnen

Licht der Hoffnung: Unsere Weihnachtsaktion unterstützt zwei Projekte, die mit traditioneller Kultur Lebensperspektiven eröffnen

Freude über ein tolles Ergebnis von „Licht der Hoffnung“: Amitava Bhattacharya (links), unser Redakteur Jürgen Gerrmann (Zweiter von rechts) und Künstler aus West-Bengalen danken unseren Lesern für die Unterstützung des Projekts „Art for life“. Foto: Schneider

200 Menschen im ländlichen Indien werden dank unserer Leser eine neue Perspektive für ihr Leben erhalten. Diese Chance eröffnet sich ihnen durch die 15 000 Euro, die über unsere Aktion „Licht der Hoffnung“ der Organisation „Art for life“ zur Verfügung gestellt werden können. Die genaue Verwendung wurde nunmehr festgelegt.

In der Computerbranche in den USA hat Amitava Bhattacharya große Erfolge erzielt. Inder gelten ja bekanntermaßen als große Software-Spezialisten. Aber es genügte dem Bengalen nicht, Dollar auf Dollar zu häufen. Vor einigen Jahren hatte er genug vom Computer-Business. Ihn zog es wieder heim. Nach Calcutta. Dort gründete er die Organisation „Banglanatak“ und rief das Projekt „Art for life“ ins Leben.

Während meiner Zeit als Austausch-Journalist im Rahmen des Projekts „Nahaufnahme“ des Goethe-Instituts hatte ich ihn und seine Arbeit kennengelernt und auch darüber in unserer Zeitung sowie dem Internet-Blog „Zur Zeit Calcutta“ berichtet.

Amitavas Konzept überzeugte auch das Organisations-Team von „Licht der Hoffnung“. Daher wurde „Art for life“ auch als Teil des Indien-Projekts mit in die Liste der Initiativen aufgenommen, die im Rahmen der 22. Auflage der guten Sache bedacht wurden.

Künstler, die von „Art for life“ gefördert wurden, repräsentierten vor Kurzem auch den indischen Bundesstaat West-Bengalen (dessen Hauptstadt Calcutta ist) bei der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin. Eine gute Gelegenheit also, um zu besprechen, wie Ihre Spenden, liebe Leser, nun konkret eingesetzt werden sollen.

Dass sie Menschen im ländlichen Indien zugutekommen sollen, war ja schon klar. Aber es ließ sich nicht abschätzen, wie viel Geld konkret zur Verfügung gestellt werden kann.

Die Hilfsbereitschaft unserer Leser hat vor und nach Weihnachten alle Erwartungen übertroffen. Auch Amitava Bhattacharya war (volkstümlich ausgedrückt) „total von den Socken“.

„Herzlichen Dank an all die lieben Menschen in Nürtingen“, sagte er immer wieder. Und das geben wir natürlich gerne an Sie, liebe Leser, weiter. Denn Sie sind es ja, die dieses großartige Ergebnis ermöglicht haben.

Ostindisches Tanzdrama als Erbe der Menschheit

Fantastisch ist es auch, wenn man bedenkt, wie viel Gutes damit bewirkt werden kann. Im Gespräch mit Amitava Bhattacharya konkretisierten sich gleich zwei Projekte heraus:

In Balarampur in der westbengalischen Region Purulia sollen 100 Kinder in Chhau-Tanz ausgebildet werden. Dieses traditionelle ostindische Tanzdrama, das 2010 von der Unesco als „immaterielles Erbe der Menschheit“ anerkannt wurde, hat dort seine Hochburg. Bei der Begleitmusik spielt der Rhythmus eine große Rolle – und dafür sorgen mächtige Trommeln.

Eine Künstlerin aus West-Bengalen zeigt stolz ihr Patachitra-Bild. jg

Gerade auf dem Land blüht der Chhau, dessen Tradition auf die Urbevölkerung aus der Vor-Hindu-Ära zurückgeht, wieder auf. In der Nachkriegszeit war er kurz vor dem Aussterben. Die reichen Inder, die sich für „gebildet“ hielten, schauten verächtlich auf das Treiben des niederen Volkes herab.

Erst vor 50 Jahren wurde der Chhau wiederentdeckt und wiederbelebt – übrigens auch von einem Bhattacharya (mit Vornamen Asutosh). Der Purulia-Stil gilt dabei als besonders kraftvoll und lebendig. Jeweils 15 Tänzer und zehn Musiker wirken in prachtvollen Gewändern zusammen. Das heißt, dass dank der Hilfe unserer Leser vier neue Ensembles gebildet werden können, die diese Tradition weitertragen.

Und dadurch auch eine neue Perspektive für ihr Leben bekommen. Denn mittlerweile steht der Chhau wieder in hohem Ansehen – als Teil der ursprünglichen indischen Folklore. Daher werden die Tänzer und Musiker auch öfter nach Calcutta oder in andere Großstädte eingeladen, um Einheimische und Touristen zu erfreuen.

Malen und singen – wie einst die Bänkelsänger

Im Städtchen Pingla (gut zweieinhalb Autostunden von Calcutta entfernt) werden bald 100 Frauen in Patachitra trainiert. Sie lernen erst einmal, wie man aus Pflanzen die traditionellen Naturfarben herstellt, mit denen dann herrliche Bilder gemalt werden, die entweder Göttergeschichten oder aber Szenen aus dem Alltag oder Aufsehen erregende Ereignisse widerspiegeln.

Die Frauen ziehen dann durch die Dörfer und Städte – und singen dazu Lieder, die die riesigen Rollbilder erklären. Ganz so wie früher hierzulande die Bänkelsänger. Auch damit können viele Frauen in Bengalen ihre Familie schon ernähren.

Amitava Bhattacharya ist überzeugt: „Mit Hilfe der Kunst kann man dem Elend entrinnen.“ – Und er vermag dies sogar durch Zahlen zu belegen: „In den westbengalischen Dörfern haben normalerweise vier Prozent der Häuser sanitäre Einrichtungen. Dort, wo wir hinkommen, sind es 92. Normalerweise geht dort niemand zur Schule, in unseren Dörfern alle. Früher waren dort alle Analphabeten. Mittlerweile besuchen schon viele junge Leute, die von uns gefördert wurden, das College.“

Die Menschen spürten, dass „Art for life“ sie und ihre Fähigkeiten anerkenne und wertschätze: „Das motiviert sie fantastisch.“ Als diese Organisation 2004 ihre Arbeit aufgenommen habe, habe das monatliche Durchschnittseinkommen in diesen Dörfern bei 7 bis 8 Euro gelegen, nun seien es 50 bis 60.

15 Prozent dieser Menschen kämen dank ihrer Kreativität auf 100 bis 150 Euro, und ein Prozent habe es sogar dazu gebracht, 300 bis 400 Euro durch die Kunst zu verdienen.

Sage und schreibe 200 Menschen können nun dank der Unterstützung unserer Leser die ersten Schritte auf dem Weg in eine Zukunft im Zeichen der Hoffnung gehen. Wohl alle Freunde unserer Aktion drücken ihnen von Herzen die Daumen, dass sie möglichst weit kommen.

Und Amitava Bhattacharya hat versprochen, uns in Wort und Bild auf dem Laufenden zu halten. Damit wir uns mitfreuen können, wenn sie es eines Tages geschafft haben.

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