Licht der Hoffnung
Wo der Wildbach rauscht . . .
Licht der Hoffnung: Die traditionelle Sommertour zugunsten unserer Aktion begeisterte auch bei ihrer zehnten Auflage
„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“, sang einst Reinhard Mey. Drei Tage über den Wolken des Alltags erlebten am Wochenende 47 fröhliche Leser bei der Sommertour zugunsten unserer Aktion „Licht der Hoffnung“ nach Tirol. Und sie fanden dabei nicht nur Freiheit. Sondern auch Schönheit, Wunder der Natur, Freude und innere Ruhe.
Zum zehnten Mal war das Außerfern Ziel der Wanderschaft für eine gute Sache. Standquartier war auch diesmal die Rimmlstube in Rinnen im Berwanger Tal. „Immer, wenn die Nürtinger kommen, wird es Schönwetter“, strahlte Wirtin Karin Rimml schon bei der Ankunft.
Christine Schneider und Walter Falger, die beiden Wanderführer, hatten für die drei Tage wieder tolle Touren ausgetüftelt.
Und bei allen spielte die Blumenpracht der Tiroler Berge eine ganz zentrale Rolle. Die Schwaben kamen aus dem Staunen quasi gar nicht mehr heraus. So konnte man in ein wahres Meer von Orchideen eintauchen. Das Rote Waldvögelein war da ebenso mit von der blühenden Partie wie die Fliegen-Ragwurz, die Grüne Hohlzunge, die Wohlriechende Händelwurz oder ganze Felder des Gefleckten Knabenkrauts oder des Blauen Enzians.
Man hatte auch genau den richtigen Zeitpunkt erwischt, um die Alpenrosen-Blüte zu erleben. Ganz oben fand man sogar noch die sehr seltene Zwerg-Variante dieser Pflanze. Die bekommt sonst kaum jemand zu Gesicht, weil sie eigentlich spätestens Mitte Juni verblüht ist. Aber heuer war der Mai sehr kalt, es lag (und liegt) lange Schnee, und die Natur hinkt etwas hinterher. Für unsere Leser ein Glücksfall.
Wie immer stand am Samstag die „Königsetappe“ an – und wie seit einigen Jahren absolvierte man sie in drei Gruppen.
Die eine startete mit Christine Schneider an den Stuibenfällen bei Reutte. Über den Ministersteig ging es zum spektakulären Wasserfall. Das Naturjuwel bringt das Wasser des Plansees (des zweitgrößten seiner Art in Tirol) hinunter zum Archbach, der dann wieder in den Lech fließt. Dort konnte man mutigen Akteuren beim Canyoning zuschauen.
Die Beine und die Seele baumeln lassen
Am Frauensee probierten dann viele das Heilwasser, von dem nicht zuletzt die alten Außerferner hoch überzeugt sind. Bei der Mittagsrast am Plansee konnte man dann die Beine und die Seele baumeln lassen. Christine Schneider und ihre Schwester Gabriele Vorreiter (sie wohnt jetzt in Elchingen bei Ulm), aber auch der Nürtinger Norbert Mühleisen ließen aus Begeisterung über die Natur und die Dankbarkeit dafür mehrmals ein Hallelujah oder anderes Gotteslob, aber auch traditionelle Volksweisen erklingen, bevor es dann den Heiterwanger See entlang zur Schlusseinkehr beim Fischer am See ging.
Die andere war eher ein gemütlicher Spaziergang. Rosa Besler führte die Neckartäler durch ein wunderschönes Hochtal nach Fallerschein, wo man es sich in Michls Stube so richtig gutgehen ließ und auch von dort aus die Natur bewunderte.
Ein Wunder erlebte auch Walter Falger mit seiner Gruppe: „Vor 25 Jahren hat mir eine Frau erzählt, dass oben am Kelmer Jöchl Frauenschuhe wachsen. Ich habe das nie geglaubt, denn auf 1900 Metern Höhe kann das ja eigentlich gar nicht sein. Daran hab ich gerade gedacht – und plötzlich steht dieser Busch mit Europas größter Orchidee vor mir!“
Dieses tiefe Erlebnis beflügelte die ganze Truppe auf ihrem Weg unterhalb der Steinkarspitze hinüber zum Galtjoch. Und vom Kamm aus konnte man dann zwar in einiger Entfernung, aber doch, gut über 30 Hirschkühe beziehungsweise deren Kälber und jede Menge Gemsen bestaunen.
Allenthalben Staunen herrschte denn auch auf dem „Dach“ der Sommertour 2016. Am Gipfelkreuz des Galtjochs bot sich allen von 2109 Meter aus ein fantastisches Panorama: Der Blick schweifte von den Tannheimer Bergen über die Ammergauer Alpen bis hin zu den Lechtaler Gipfeln – unter anderem mit Schlierewand, Namloser Wetterspitze und der mächtigen Heiterwand. Da hatte man sich bei der Schlusseinkehr auf der Ehenbichler Alm natürlich eine Menge zu erzählen.
Überhaupt: die Almen. Sie sorgten zum Auftakt und zum Finale für regelrechte Begeisterung.
Christine Schneider hatte unsere Leser bei der „Eingehtour“ zur Grießbachalm überm Lechtal gelotst. Am Fuße von Zwölfer- und Ruitelspitze (ebenfalls zwei faszinierende Gipfel) genoss man gleich zum Start die Tiroler Gemütlichkeit und Herzlichkeit.
Hüttenwirt Michael Kappeler hatte eigens für die Nürtinger „aufgesperrt“ und begrüßte alle mit einem Schnäpsle. Und später griff er auch noch zum Akkordeon und spielte mit Liedern der Berge auf. Besser hätte der Start ins Wanderwochenende gar nicht sein können!
Über 1800 Euro für „Licht“ erwandert
Dasselbe galt auch für den Abschluss: Dabei ging es (nach einigen Lockerungsübungen mit Christine Schneider, die auch Yoga-Lehrerin ist und toll aus ihrem Repertoire schöpfte) vorgestern zum Älpele überm Tannheimer Tal. Für die einen über einen zackigen Steig, für die anderen, die es lieber gemütlich angehen wollten, über den Forstweg zum Älpele unterhalb von Schnurschrofen und Geishorn.
Und dieses Almwirtshaus von Melanie und Martin Zoller macht seinem Namen alle Ehre: Da grasen die Kühe noch unmittelbar neben den Bierbänken, da kann der Blick über saftige Wiesen schweifen und man sich zurücklehnen, um die urige Atmosphäre an dieser einfachen Hütte zu genießen. Auch Tochter Annalena und ihre beste Freundin Anja Müller packten mit an, um die Württemberger Gruppe mit Speis und Trank zu versorgen.
Überhaupt: Erstaunlich viele junge Leute legten sich für die zehnte Sommertour ins Zeug. Schon beim Abschiedsabend in der Rimmlstube hatte der elfjährige Tobias Dobler, Großneffe von Karin Rimml, spüren lassen, dass er das Zeug zum nächsten Andreas Gaballier hat. Als „menschlicher Notenständer“ hatte ihm dabei seine Cousine Magdalena Steinberger (15) assistiert.
Es war ein gelungenes musikalisches Dessert zu all den Köstlichkeiten, die Küchenchef Andreas Schnitzer in diesen Tagen gezaubert hatte. Auch für ihn gab es (wie für das ganze Team dieses Tiroler Wirtshauses) tosenden Schlussapplaus.
Wo der Wildbach rauscht, wo die Alpenrosen blühen – es gibt viele Stereotypen über die Tiroler Bergwelt. Und merkwürdig: Im Grunde stimmen sie alle (was sie von anderen Stereotypen unterscheidet). Bei der Mittagsrast am Plansee hatte einer der Teilnehmer ein Zitat von Carmen Jäger niedergeschrieben: „Bei einer Reise muss ich auch einmal ankommen, sonst ist es keine Reise, sondern eine Flucht!“
Und darunter notiert: „Ich bin angekommen.“
So wie er dürften wohl fast alle gefühlt haben. Denn ohne diese Begeisterung wären wohl kaum 1810,83 Euro für „Licht der Hoffnung“ erwandert worden. Herzlichen Dank dafür bei allen!
Weitere Fotos gibt es im Internet unter www.ntz.de/bilderstrecken.