Leserbriefe

Merkwürdige Einschätzungen

Karl-Heinz Weber, Neuffen.

Die bestehenden Ungerechtigkeiten bei der Grundsteuer liegen doch an den festgelegten Bodenrichtwerten. Und diese wurden von Gutachtern bestimmt. Doch wenn man sich auf BORIS BW die Bewertungen anschaut, kann man schon ins Grübeln kommen. Nürtingens beste Wohnlage, der Steinenberg, wird niedriger bewertet als Teile der Innenstadt – eine mittlerweile fast tote Innenstadt mit nur noch Optikern und Hörgeräteakustikern. Wie kann das sein? Der Ersberg, ebenfalls eine gute Wohnlage, hat niedrigere Werte als die Kirchheimer Vorstadt und die Rümelinstraße. In Frickenhausen ist das frühere Top-Wohngebiet „die Bitze“ gleich bewertet wie das Mischgebiet Aile. Andere reine Wohngebiete wie der Schlat und die Gaiern werden niedriger eingestuft, sind in meinen Augen aber durchaus mit dem Aile vergleichbar.

Wo ist hier die Logik? Ich denke, dass die Ausschüsse, die für die Bewertung zuständig waren, keine zufriedenstellende Arbeit geleistet haben. Ein paar Begehungen in den betroffenen Städten hätten genügt, um Unstimmigkeiten zu erkennen. Dabei wäre vielleicht aufgefallen, dass man nicht bebaubare Gärten nicht mit demselben Preis bewerten kann wie das darauf stehende Wohnhaus. Und dann hätte man feststellen müssen, dass die Umsetzung der neuen Grundsteuer so nicht machbar ist.

Man hätte mehr Zeit und Geld benötigt, um eine gerechtere Lösung zu finden. Doch vielleicht war das gar nicht gewollt. Unser Ministerpräsident will jedenfalls keine schnelle Änderung. Er wartet auf Gerichtsurteile und muss dann möglicherweise nachbessern.

Bis dahin werden jedoch viele Menschen das Vertrauen in den Staat verlieren, denn Gerechtigkeit scheint hier keine Priorität zu haben. Einige Parteien sehen Privatbesitz und Vermögen ohnehin kritisch und wollen möglicherweise auf subtile Weise Änderungen herbeiführen. Und sei es dadurch, dass ein Rentner die Grundsteuer für sein Grundstück nicht mehr zahlen kann und letztlich verkaufen muss. Wer es dann aber kaufen kann – diese Frage bleibt unbeantwortet.

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