Nürtingen

Mit mehr Mut an die Energiewende

Achim Bubenzer, Otmar Braune, Christian Tilk (von links nach rechts). Foto: Florian Bahnmüller

NÜRTINGEN. Braucht es mehr Mut, um die Energiewende voranzutreiben? Auf jeden Fall, das war das Fazit des Info-Abends „Für eine enkeltaugliche Zukunft“, der kürzlich in der Alten Seegrasspinnerei stattfand. Die gute Zukunft skizzierten Achim Bubenzer, Physiker, Ex-Ulmer Hochschulrektor und Autor des Buchs „Opa, Du hast es doch gewusst“, sowie Otmar Braune, der Nürtinger Aktive für „Wege zu einem guten Leben“, wie er es nennt, die zugleich Chancen für Deutschland aufzeigen in einem klimaneutralen Europa.

Ja, es braucht den Mut, die Energiewende weiterzudrehen. Aber nicht den der Verzweifelten, sicher nicht. Sondern den der begründeten, mit harten Fakten unterlegten Zuversicht. Wie man sich irren kann, wenn politischer Mut fehlt, das hatte nicht zuletzt Angela Merkel, auch Physikerin, in den 1990-Jahren, als Bundesumweltministerin gezeigt. Damals sprach sie, dass die erneuerbaren Energien niemals über vier Prozent an der Stromproduktion hinauskommen. Heute stehen wir bei annähernd 60.

Der mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz beschrittene Weg ist richtig, da sind sich Bubenzer und Braune einig. Und wer jetzt wieder angesichts der nicht bestreitbaren technischen Herausforderung der Speicherung von zu viel Solar- und Windkraft nach Atomkraft ruft, dem tritt Bubenzer entgegen. China baue Meiler eher aus geostrategischen Gründen (nukleare Aufrüstung), und Frankreich brauche demnächst „schrecklich viel Geld, um seine alten Atomanlagen hochzurüsten oder abzubauen“.

Die grüne Transformation ist freilich kein Selbstläufer. Viele Menschen gilt es mitzunehmen. Bubenzer hat dazu eine Vier-Punkte-Strategie: 1. Erkennen, worum es geht. 2. Streiten für das Klima. Für Wissenschaft, gegen Ausreden und für Mut statt Resignation. 3. Sich selbst am Ende des Tages im Spiegel anschauen können. Und 4. über den Klimawandel reden.

Otmar Braune übernahm den zweiten Teil der Veranstaltung von BUND, Omas for future und Klima-Taskforce. „Wir wollen Lust auf Zukunft machen“, so sein Impuls. „Wir sind auf einem guten Weg.“ Die Klimakrise spielte so gut wie keine Rolle im Wahlkampf. Die Politiker wissen, dass die Generation 60 plus über 40 Prozent der Wähler ausmacht und meinten wohl, „dass wir Alten kein Interesse am Klimaschutz haben, aber auch die Älteren wollen eine gute Zukunft für ihre Kinder und Enkel“.

Wärme und Mobilität, das sind die zentralen Punkte für Braune beim Umbau. Und er beobachtet: Eine effiziente Technik wie etwa die Wärmepumpe „wird bei uns gerne diffamiert“. Der Befund: „Die Gaslobby hat die Bildzeitung instrumentalisiert.“ Wir müssen aufhören „viel Erdgas zu verbrennen in unsanierten Häusern“, schließlich wolle ja auch niemand autoritäre Regime mit seinem Geld unterstützen. Und was die Mobilität angeht: „Der größte Automarkt gibt die Richtung zur Elektromobilität vor.“ Eben China. Soll die deutsche Autoindustrie eine Zukunft haben, darf es kein Zurück zum Verbrenner geben. Sein Schluss vor über 70 Zuhörenden: „Die Energiewende macht Sinn auch ohne Klimakrise. Aber die sitzt uns und unseren Enkeln nun mal im Nacken.“

Zur Startseite