Nürtingen

Licht der Hoffnung: Aus einem Zirkuswagen soll ein Wohnzimmer für Schüler werden

Das Evangelische Jugendwerk Bezirk Nürtingen möchte einen Zirkuswagen kaufen und diesen umbauen. Der Wagen soll dann auf verschiedenen Schulhöfen Station machen, um eine schulbezogene mobile Jugendarbeit zu ermöglichen.

Andy Klooz, Fachbereichsleiter Jugendarbeit und Schule beim Evangelischen Jugendwerk Bezirk Nürtingen, möchte gerne einen Zirkuswagen kaufen und diesen zum Wohnzimmer für die Jugendarbeit umbauen. Der Wagen soll dann auf wechselnden Schulhöfen Station machen. Foto: Jürgen Holzwarth

NÜRTINGEN. Am Anfang stand der Wunsch einer Religionslehrerin aus Neckartenzlingen. „Wir würden uns freuen, wenn ihr mitten in unserem Schulzentrum ein Angebot starten könnt, zu dem unsere Grundschüler genauso kommen können, wie die Werkrealschüler und Gymnasiasten“, sagte die Lehrerin zum Bezirksjugendreferenten Jochen Rohde vom Evangelischen Jugendwerk Bezirk Nürtingen, der 23 Ortsgemeinden bis hin nach Wendlingen, Aichtal, Wolfschlugen, Beuren, Neuffen und Erkenbrechtsweiler umfasst. Dem Jugendreferenten gefiel die Idee eines Gefährts, mit dem die Jugendarbeiter der evangelischen Kirche flexibel an unterschiedlichen Schulen unterwegs sein können. Rohde ging zu seinem Kollegen Andy Klooz, Fachbereichsleiter Jugendarbeit und Schule beim Evangelischen Jugendwerk Bezirk Nürtingen, die beiden steckten die Köpfe zusammen und bald war der Plan geboren, einen Zirkuswagen zu kaufen und diesen zum Wohnzimmer für die Jugendarbeit umzubauen. Ein ausgebauter Zirkuswagen soll an unterschiedlichen Schulen im Kirchenbezirk Nürtingen unterwegs sein und auf den Schulhöfen Schülerinnen und Schüler einladen, evangelische Jugendarbeit auf verschiedenste Art und Weise zu erleben: Sei es durch Gesprächs- und Seelsorgeangebote, dem Ausprobieren erlebnispädagogischer Spiele oder auch das Durchführen christlicher Einheiten.

Große Flexibilität der Angebote

„Fast zeitgleich haben wir überlegt, wo wir das Geld für dieses Projekt herbekommen können“, erzählt Andy Klooz. Denn im Kirchenbezirk seien gerade kaum finanzielle Mittel verfügbar. Genau in dieser Phase habe ihm Ellen Gneiting, die zwölf Jahre lang Vorsitzende der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Nürtingen war, von der Weihnachtsspendenaktion „Licht der Hoffnung“ der Nürtinger Zeitung berichtet. Die fünf Nürtinger Bezirksjugendwerk-Diakone berieten sich und stellten erfolgreich einen Antrag für die Spendenaktion. Ihr Credo: „Wo fühlen sich die Schüler wohl? Im Wohnzimmer.“ Daher soll ein Zirkuswagen zum Wohnzimmer umgebaut werden. „Ein Zirkuswagen würde uns eine große Flexibilität unserer Angebote ermöglichen, da wir mit einem Platz- und Spielangebot genau dort hinkommen können, wo schulbezogene Arbeit gewünscht wird.“

Aber wo soll der Zirkuswagen herkommen? „Es gibt Firmen, die so etwas bauen“, sagt Klooz. Im Internet habe er einige entdeckt. Beim Umbau könne dann ein Schreiner im Ruhestand helfen, der zur Familie eines Kollegen gehört. „Wir wollen auf jeden Fall eine Heizung drin haben, damit auch im Winter eine bequeme Wohnzimmer-Atmosphäre entsteht.“

Offen sei allerdings noch die Frage nach dem Stellplatz für den Zirkuswagen, wenn er gerade nicht im Einsatz auf einem Schulhof ist. „Ich hoffe, dass sich eine Kirchengemeinde vorstellen kann, den Wagen unterzustellen“, sagt Andy Klooz. Für den Stellplatzgeber hat er bereits ein „Bonbon“ parat: die kostenfreie Nutzung.

Ganz neu ist ein umgebauter Zirkuswagen übrigens nicht innerhalb des evangelischen Kirchenbezirks Nürtingen. Der ehemalige Pfarrer der Versöhnungskirche in der Braike, Markus Frank, verfügte bereits über so ein Vehikel. Dieses hat er allerdings zu seiner neuen Stelle mitgenommen.

Daher wünscht sich das Jugendwerk-Team nun einen eigenen Wagen, der mit bequemen Sitzmöbeln ausgestattet werden soll und stets mehrere Sport- und Spielgeräte mitführt. Andy Klooz ist unter anderem Spezialist für kooperative Abenteuerspiele, die dem Teambuilding dienen. „Das mache ich gerade schon ohne Zirkuswagen an der Grundschule in Oberboihingen. Bei den Spielen steht das Miteinander im Vordergrund und nicht die Konkurrenz. Die Schüler bekommen eine Aufgabe, die nur miteinander als Team zu lösen ist.“

Zur schulbezogenen Arbeit des Jugendwerks zählt unter anderem aber auch die Durchführung eines Prüfungssegens. Die Diakonin Sandra Scherer bietet in Kooperation mit ihrer katholischen Kollegin Manuela Mühlhause vor Abschlussprüfungen den Prüflingen Gebete und Segnungen an. Dabei gibt es auch Tipps, was bei Prüfungsangst zu tun ist. Die Schüler können aufschreiben, was sie belastet, und auf Wunsch auch malen.

Gesprächsangebote in den Pausen

„Der Zirkuswagen soll auf dem Schulhof Anlaufstelle für unsere Jugendarbeit sein“, sagt der Fachbereichsleiter. In den Pausen soll es im „Wohnzimmer“ Gesprächs- und Seelsorgeangebote geben. „Dann brauchen die Schüler zum Gespräch nicht in den Klassenraum, der mit einer seelischen Belastung verbunden sein könnte.“

Klooz rechnet mit der Einführung der Ganztagsbetreuung an den Grundschulen ab dem Jahr 2026 damit, dass das evangelische Jugendwerk noch zusätzliche Angebote starten muss. Da käme das neue „Wohnzimmer“ natürlich gerade recht. „Wir werden dann noch verstärkter unterwegs sein.“

Mit der Kleintier-AG hat das Jugendwerk bereits erste positive Erfahrungen mit einer Nachmittagsbetreuung gesammelt. Jugendreferent Thomas Volle hat an der Mörikeschule schon mehrere Tier-Mensch-Begegnungen ermöglicht: mit Fischen, Schildkröten, Heuschrecken, Schafen, Tauben, Pferd, Steinkauz und Wildbienen.

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