Licht der Hoffnung

Blumen, Burgen, alte Kirche

Licht der Hoffnung: Unsere Leserwanderung im Tiroler Außerfern bot wieder Erlebnisse für Leib und Seele

Gipfelfoto von der Schlierewand: Walter Falger (rechts) und seine Truppe.
Begeistert von der Natur ihrer Heimat: Wanderführerin Christine Schneider (grüne Hose).
Bergfreuden pur erlebte man auch heuer bei unserer Sommertour zugunsten der Aktion „Licht der Hoffnung“. Fotos: jg (3), ros (1)
Ein schöner Abschluss einer herrlichen Sommertour: die Zunftkirche von Bichlbach.

Almwiesen in voller Blüte, stürzende Wasserfälle, Gipfel vor blau-weißem Himmel, Burgen mit wechselvoller Geschichte, ein einzigartiges Kirchlein – die elfte Sommertour zugunsten unserer Aktion „Licht der Hoffnung“ war einmal mehr gespickt von Erlebnissen.

Traditionsgemäß ging es wieder ins schöne Außerfern in Tirol. Und wie immer war Rinnen das „Standquartier“ von diesmal 30 Lesern, die den Bergfrühling in Tirol mit allen Sinnen genießen wollten – und dies auch konnten.

Das Team der Rimmlstube um Wirtin Karin Rimml und Küchenchef Andreas Schnitzer präsentierte sich wieder in Hochform und ließ spüren, was ein echtes Tiroler Wirtshaus ist – sei es bei der Lachsforelle aus heimischem Gewässer oder beim Hirschgulasch aus eigener Jagd. Und am Abschiedsabend gab’s sogar noch zünftige Musi: Magdalena Steinberger ist erst 16 – spielt aber schon so gut Klarinette, dass sie mit dem goldenen Abzeichen des Tiroler Blasmusikverbandes ausgezeichnet wurde. Und der erst zwölfjährige Tobias Dobler befindet sich mit seiner Ziehharmonika auf dem Weg, der neue Gaballier zu werden.

Die Geierwally und der Klappertopf

Doch nicht nur drinnen in Rinnen erlebte man viel während dreier herrlicher Tage. Zum Auftakt hatten die Wanderführer Christine Schneider und Walter Falger die muntere Schar zum „einsamen Wirt“ vom Berggasthof Hermine im Madautal geführt, das in Bach vom Lechtal abzweigt und wo die legendäre Geierwally tatsächlich einen Adlerhorst aushob, der so schwierig zu erreichen war, dass sich trotz aller Schneidigkeit kein Tiroler Bursch dort hintraute.

Aber genauso spektakulär ist der zweite Teil der Geschichte der Anna Steiner-Knittel, der eher unbekannt ist und den Christine Schneider den Schwaben näherbrachte: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Geierwally nämlich eine Vorkämpferin der Emanzipation, studierte Kunst, reüssierte als Blumen- und Porträtmalerin und gründete im Alter von 32 Jahren in Innsbruck eine „Zeichen- und Malschule für Damen“ – damals etwas ganz Außergewöhnliches.

Doch auch über die Blumenwelt wusste die Diplom-Biologin viel zu erzählen: Zum Beispiel über die zahllosen Orchideen am Wegesrand, die zu den Pflanzen gehören, die sich als letzte entwickelt haben und in ihrem Bestäubungsverhalten hochspezialisiert sind. Oder über Schmarotzer wie den Klappertopf, die mit kargen Böden dadurch bestens zurechtkommen, dass sie mit Haftwurzeln andere Pflanzen förmlich „anzapfen“.

Spektakuläres brachte auch die „Königsetappe“ vom Samstag. Christine Schneider und Werner Gratl führten diejenigen, die es nicht hochalpin angehen lassen wollten, in die Burgenwelt am Ehrenberg. Die mächtige Verteidigungsanlage und Zollstation zu Zeiten der alten Rittersleut avancierte mittlerweile zur Touristenattraktion.

Von der unteren Burg genoss man den Blick aufs Reuttener Becken, manche trauten sich gar über Highline 179, die längste Hängebrücke der Erde, und „Höhepunkt“ dieser Tour war die Festung Schlosskopf, die als uneinnehmbar galt, aber 1782 schon 41 Jahre nach ihrem Bau wieder aufgegeben wurde und verfiel. So vergeht der Ruhm der Welt!

Ein Kleinod der Natur genoss man dann bei der Pause: den Riedener See. Dort in diesem Kalkquellmoor fühlt sich die Bileks Azurjungfer besonders wohl – eine Libelle, die auf dieses Biotop angewiesen ist, weil sie dort ideale Jagdgründe findet.

Dreieinhalb Stunden Aufstieg wartete hingegen auf die Gruppe, die mit Walter Falger unterwegs war – aber die Anstrengung lohnte sich wahrlich: Von der 2217 Meter hohen Schlierewand hatte man ein atemberaubendes Panorama vor Augen, das sich auch ins Herz einbrannte – der Blick schweifte von der Namloser Wetterspitze über den Hochvogel und die Tannheimer Gruppe mit Gimpel, Rot Flüh und Kellenspitze sowie das Ammergebirge bis hin zum Wetterstein-Massiv mit der Zugspitze, dem Roten Stein, dem Lorea-Kopf und der mächtigen (und 15 Kilometer langen) Heiterwand. – Und auch Walter Falger ist ein Blumen-Experte erster Güte. Selbst für ihn war es freilich eine Sensation, auf das Rote Kohlröschen zu stoßen: „Das ist seltener als das Edelweiß.“ Das Schwarze Kohlröschen wiederum spielte in alten Zeiten bei der Brautwerbung eine große Rolle. Ein Strauß aus fünf dieser kleinen Blümlein hieß: „Ich will dich heiraten!“

Der gebürtige Berwanger erläuterte den Schwaben aber auch den Unterschied zwischen dem Weißen Germer und dem Gelben Enzian, die für den Laien leicht zu verwechseln sind: Ersterer ist ein Liliengewächs mit Knollenwurzel, das sehr giftig ist. Früher gingen sehr viele Kälber, die es fressen wollten, daran ein. Der Germer heißt freilich auch Lauswurz, weil die Bauern früher die Knollen auf den Almen ausgruben, in Wasser ansetzten und im Herbst, wenn die Kühe wieder in den Stall zurückkehrten, deren jetzt dickes Fell damit einrieben, um Läuse und anderes Ungeziefer zu vertreiben.

Die einzige Zunftkirche im deutschsprachigen Raum

Aus dem Gelben Enzian wiederum wird der berühmte Schnaps gebrannt. Für einen Liter echten Enzian braucht man sage und schreibe 35 Kilo Wurzel. Und der kostet dann 330 Euro.

Auch in einem kleinen Dorf und hinter auf den ersten Blick unscheinbaren Mauern vermag man Schätze zu entdecken: Das wurde einem bei der Schlussetappe am Sonntag so richtig bewusst. Sie führte zur Zunftkirche von Bichlbach – der einzigen ihrer Art im deutschsprachigen Raum. Deren barocke Ausstattung kann einen heute noch in den Bann schlagen, und Lorenz Wacker von der Zunftbruderschaft St. Joseph, die sich um das einzigartige Zeugnis der Handwerksgeschichte kümmert, wusste viel Wissenswertes zu erzählen. Auch über den „Blutjesus“, vor dem sich die Kinder früher fürchteten, dessen Pest-Wunden den Menschen dereinst freilich zeigen sollten: „Christus leidet mit Euch!“ Kaum zu glauben, dass vor gut 40 Jahren dieses Gotteshaus eher einer Ruine glich.

Wenn Engel abreisen, dann weint der Himmel – nur ganz zum Schluss öffnete er seine Schleusen (von einer Mini-Dusche zum Auftakt mal abgesehen). Aber das spielte keine Rolle: Auch diesmal fuhren alle mit einem Herzen voller Sonne heim.

Weitere Infos unter www.lechtal.at; www.reutte.com; www.zugspitzarena.com; www.ehrenberg.at; www.zunftbruderschaft.at; www.rimmlstube.at

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