Landkreis Esslingen

Unfallstatistik: So oft hat es 2022 im Landkreis Esslingen gekracht

Polizei legt Unfallstatistik für 2022 vor. Seit 2020 werden auch Unfälle mit E-Scootern erfasst. Diese haben sich seitdem verfünffacht. Auch die Zahl der Pedelec-Unfälle nimmt mit deren Verbreitung weiter zu. Die Zahl der Verkehrstoten insgesamt ist auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren.

Die meisten Unfälle gehen glücklicherweise für die Beteiligten glimpflich aus, so wie dieser an der B 313. Foto: NZ-Archiv

Einmal im Jahr legt das Reutlinger Polizeipräsidium eine detaillierte Unfallstatistik vor. Das Präsidium ist zuständig für die Landkreise Esslingen, Reutlingen, Tübingen und den Zollernalbkreis und hat nun die Zahlen für 2022 vorgelegt.

Da in den vergangenen Jahren wegen Corona das Verkehrsaufkommen in manchen Monaten erheblich geringer war als sonst und erst 2022 wieder das Niveau der Zeit vor der Pandemie erreicht hat, sind die Zahlen nicht vergleichbar und werden daher auch zu den Durchschnittswerten der Jahre 2017 bis 2019 in Bezug gesetzt. Dann sieht die Statistik gleich ganz anders aus. Denn die Unfallzahlen liegen in den meisten Fällen höher als 2020 und 2021, sind aber geringer als 2019.

Besonders erfreulich ist, dass die Zahl der Verkehrstoten sich auf dem tiefsten Stand seit 20 Jahren befindet. Dagegen sind bei den Unfällen mit Alkohol und Drogen sowie bei Unfällen mit der Beteiligung von Radfahrern in fast allen Landkreisen die Zahlen auf das Niveau von 2017 bis 2019 zurückgekehrt oder haben diese sogar zum Teil deutlich überschritten.

Wie viele Unfälle mit Verletzten oder Toten gab es 2022?

Die Zahl der Verkehrsunfälle im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Reutlingen ist nach dem deutlichen Rückgang um über 18 Prozent im Jahr 2020 und dem leichten Anstieg 2021 um 2,7 Prozent im Jahr 2022 um 6,8 Prozent auf 31 733 gestiegen. Damit liegen die Zahlen aber noch immer um 9,5 Prozent unter dem Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019, der 35 058 betrug.

Unfälle, bei denen Personen zu Schaden kamen, stiegen um 8,9 Prozent auf 3259, im Durchschnitt der Jahre vor Corona waren es 3648. Die Sachschadensunfälle nahmen um 6,5 Prozent auf 28 474 zu. In den Jahren 2017 bis 2019 lag der Durchschnitt bei 31 410. In den vier Landkreisen verloren 26 Menschen ihr Leben, zwei weniger als 2021. Dies ist der niedrigste Stand seit 20 Jahren.

Unter den tödlich Verunglückten waren neun Fußgänger, fünf Autofahrer und zwei Mitfahrer, fünf Radfahrer – darunter drei Pedelecfahrer –, vier Motorradfahrer und ein Quad-Fahrer. Von sieben auf zehn stieg die Zahl der tödlich Verunglückten im Landkreis Esslingen. Hierbei handelte es sich um fünf Fußgänger, drei Motorradfahrer, einen Pkw-Lenker und einen Pedelecfahrer.

Bei den Schwerverletzten ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 114 (19,9 Prozent) auf 686 zu verzeichnen. Sowohl präsidiumsweit als auch in den Landkreisen Esslingen und Reutlingen liegen die Zahlen trotz der Anstiege unter dem Durchschnittswert der Vor-Corona-Jahre, im Zollernalbkreis auf dem Niveau der Jahre 2017 bis 2019. Als einziger Landkreis verzeichnet Tübingen einen Rückgang der Schwerverletzten, die Zahl liegt aber trotzdem wie bereits in den Jahren 2020 und 2021 noch über dem besagten Durchschnitt (Esslingen plus 16,5 Prozent, Reutlingen plus 43 Prozent, Tübingen minus 13,6 Prozent, Zollernalb plus 43,3 Prozent).

Die Zahl der Leichtverletzten blieb trotz eines Anstiegs um 10,6 Prozent auf 3364 wie auch alle Landkreise unter dem Durchschnitt 2017 bis 2019 (Esslingen plus 7,2 Prozent, Reutlingen plus 12,3 Prozent, Tübingen minus 1,6 Prozent, Zollernalb plus 35,5 Prozent).

Was waren die häufigsten Unfallursachen?

Die detaillierte Auswertung der 12 283 über die reinen Kleinstunfälle hinausgehenden Unfälle ergab als Hauptursachen 3341 Mal Fehler beim Abbiegen, Wenden oder Rückwärtsfahren, gefolgt von 1951 Vorfahrtsverstößen, 839 Mal überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit und 752 Abstandsverstößen.

Mangelnde Verkehrstüchtigkeit (Alkohol/Drogen/Medikamente, medizinische Ursachen, Übermüdung) schlug 614 Mal zu Buche. Am häufigsten, nämlich in 76 Prozent dieser Fälle, war es Alkoholeinfluss, der die Fahrtüchtigkeit so beeinträchtigte, dass es zu einem Unfall kam. 328 Mal wurden Fehler beim Überholen als Ursache registriert. Bei der Ursache Geschwindigkeit ist gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme um fast 20 Prozent zu verzeichnen.

Etwa jeder fünfte Verkehrsunfall mit schweren Personenschäden (Toten oder Schwerverletzten) geht auf das Konto Geschwindigkeit. Bei sieben, also mehr als einem Viertel der 26 tödlichen Unfälle, war Geschwindigkeit ursächlich oder mitursächlich.

Bei ihren Geschwindigkeitskontrollen registrierte die Polizei 2022 87 400 Verstöße. Außerdem deckten die Beamten bei ihren Gurtkontrollen über 9400 Verstöße auf. Zusätzlich wurden rund 10 340 Handyverstöße zur Anzeige gebracht.

Bei unterschiedlicher Entwicklung in den Landkreisen sind die alkoholbedingten Unfälle um 13,3 Prozent auf insgesamt 467 gestiegen (Durchschnitt 2017 bis 2019: 465). Rund 40 Prozent der alkoholbedingten Unfälle ging mit Personenschäden einher. Wie im Jahr 2021 starben zwei Menschen, die Zahl der Schwerverletzten stieg von 50 auf 69, die Zahl der Leichtverletzten von 142 auf 151.

Immer mehr Fahrer mit Drogen und Alkohol unterwegs

Von 57 auf 78 und damit um 36,8 Prozent ist die Zahl der Unfälle angewachsen, die durch Drogeneinfluss verursacht wurden. Sie haben damit den Durchschnitt 2017 bis 2019 um rund 47 Prozent überstiegen. Elf Personen (2021: eine) wurden schwer, 18 und damit zehn weniger als 2021 wurden leicht verletzt. Angesichts dieser Zahlen kündigt die Polizei verstärkte Kontrollen an. Im vergangenen Jahr wurden 1981 Fahrzeugführer nach Verkehrskontrollen zur Anzeige gebracht, weil sie alkoholisiert unterwegs gewesen waren, und 790 Fahrer, weil sie Drogen genommen hatten.

Als Zweiradunfälle werden alle Unfälle mit motorisierten Zweirädern gewertet. Diese liegen trotz des Anstiegs im Jahr 2022 um 10,7 Prozent mit 681 noch deutlich unter dem Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019, der 808 betrug. Vier Zweiradfahrer starben. Im Vorjahr waren es sechs gewesen. Die Zahl der schwer verletzten Zweiradfahrer stieg um 37 auf 161.

388 Personen und damit 35 mehr als im Jahr 2021 wurden leicht verletzt. Betrachtet man im Bereich der Zweiradunfälle explizit die darin enthaltenen Unfälle mit Motorrädern (ab 125 Kubikzentimeter), so wurde im Jahr 2022 eine Steigerung um 7,4 Prozent auf 479 Unfälle registriert. Der Durchschnitt vor der Pandemie lag bei 551.

Vier Motorradfahrer kamen ums Leben (drei im Kreis Esslingen und einer im Kreis Reutlingen). Mit 129 waren im gesamten Präsidiumsbereich 21 schwer verletzte Motorradfahrer mehr als 2021 zu beklagen. Die Zahl der leicht verletzten Motorradfahrer stieg um neun auf 263. In 158 Fällen waren die Motorradfahrer alleinbeteiligt. Mit knapp 40 Prozent oder 107 Fällen ist Geschwindigkeit die Hauptunfallursache.

Die Beliebtheit von Pedelecs schlägt sich in der Statistik nieder

Um 7,3 Prozent stieg die Anzahl der Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Fahrradfahrern auf 1296. Der Höchststand im Fünf-Jahres-Vergleich wurde im Jahr 2020 verzeichnet, was sich auch in den Unfallfolgen niederschlug. Bei 440 der 798 von Radfahrern verursachten Unfälle verunglückten diese ohne Beteiligung weiterer Verkehrsteilnehmer. Fünf Radfahrer, darunter drei Pedelecfahrer, starben (2021: sieben, davon drei Pedelecfahrer). 226 Radfahrer – 27 mehr als im Vorjahr (plus 13,6 Prozent) – wurden schwer verletzt. Darunter befanden sich 78 Pedelecfahrer. Die Zahl der Leichtverletzten stieg um 78 oder 9,3 Prozent auf 914 – davon 295 Pedelecfahrer. Die wachsende Beliebtheit der Pedelecs schlägt sich bereits seit vielen Jahren mit linearen Steigerungen in der Unfallbilanz nieder. Im Jahr 2022 stiegen sie nochmals um neun Prozent.

Viele Unfälle mit E-Scootern mangelnder Fahrtüchtigkeit geschuldet

Seit 2020 werden in der Unfallbilanz auch die Unfälle mit E-Scootern erfasst. Waren es 2020 präsidiumsweit noch 14 Unfälle, hat sich die Zahl der Unfälle 2021 mehr als verdreifacht. Bei 44 Unfällen wurden sechs Personen schwer und 27 leicht verletzt. 2022 waren 77 Unfälle mit acht Schwer- und 55 Leichtverletzten zu verzeichnen. Bei 30 Prozent der 56 von den EScooter-Fahrern verursachten Unfälle war mangelnde Verkehrstüchtigkeit die Ursache.

Die Fußgängerunfälle liegen im Jahr 2022 mit 327 etwa auf dem Niveau des Vorjahres (328) und damit um 18,7 Prozent unter dem Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019. Neun Menschen, die zu Fuß unterwegs waren, starben (2021: drei), 50 wurden schwer und 217 leicht verletzt.

2021 waren es 44 Schwerverletzte und 224 Leichtverletzte gewesen. Fünf der Unfälle, bei denen Fußgänger starben, wurden von anderen Verkehrsteilnehmern verursacht. Bei vier Unfällen waren die getöteten Fußgänger Hauptunfallverursacher, die jeweils unvermittelt die Fahrbahn betreten haben, ohne auf den Verkehr zu achten. Zwei der Fußgänger standen unter Alkoholeinfluss.

Unfälle mit Kindern und Senioren

Geringfügig um drei auf 196 ist die Zahl der Verkehrsunfälle angestiegen, in die Kinder (bis 13 Jahre) verwickelt waren. War im Jahr 2021 ein Kind tödlich verunglückt, verlor im Jahr 2022 kein Kind sein Leben. Die Zahl der schwer verletzten Kinder stieg um sieben auf 26. 225 Kinder wurden leicht verletzt (2021: 211).

Die Bilanz der Verkehrsunfälle mit Beteiligung junger Erwachsener zwischen 18 und 24 Jahre weist nach einer Zunahme im Jahr 2021 nun wieder einen leichten Rückgang um 1,9 Prozent auf 2245 auf. Drei Menschen, darunter eine junge Erwachsene, starben. 2021 waren es sechs Todesopfer – darunter zwei junge Erwachsene – gewesen. Um insgesamt 33,9 Prozent auf 150 stieg die Zahl der Schwerverletzten. Leicht verletzt wurden 855, drei weniger als im Jahr zuvor.

Ein Zuwachs um 10,1 Prozent auf 2604 war bei den Unfällen mit Senioren ab 65 Jahren zu verzeichnen. Nach 2021, als bei diesen Unfällen zehn Menschen ums Leben gekommen waren, starben 2022 zwölf Personen, darunter neun Senioren. Insgesamt 189 Menschen (2021: 144) wurden schwer, 747 und damit zwölf Prozent mehr als im Jahr 2021 wurden leicht verletzt.

Viele Unfallflüchtige werden doch noch erwischt

Die Anzahl der Unfallfluchten nahm um zehn Prozent auf 6643 Fälle zu. Unverändert wie in den vergangenen Jahren ist festzustellen, dass bei jedem fünften Unfall ein Beteiligter sich vom Unfallort unerlaubt entfernt. Etwa jede dritte dieser Straftaten konnte aufgeklärt werden. In 516 Fällen wurde der Einfluss berauschender Mittel nachgewiesen. Hier muss von einer erheblichen Dunkelziffer ausgegangen werden. Die Aufklärungsquote bei den 241 Unfallfluchten nach Unfällen mit Personenschaden lag bei 51,5 Prozent.

Der gesamte Verkehrsunfallbericht ist unter https://ppreutlingen.polizei-bw.de/statistiken/ einzusehen.

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