Unterensingen

Schlagzeugmafia bringt 360 Zuschauer in Unterensingen zum Lachen

Licht der Hoffnung: In dem mit 360 Zuschauern restlos ausverkauften Udeon verbreiten die sechs Ganoven der Schlagzeugmafia aus Mannheim keine Angst, sondern strapazieren vielmehr die Lachmuskeln.

Auch in der Pizzabäcker-Verkleidung kann die Schlagzeugmafia erstklassige rhythmische Musik produzieren. Foto: Just

UNTERENSINGEN. Vor diesen sechs Männern brauchte sich am Dreikönigstag wirklich niemand im Udeon in Unterensingen zu fürchten. Zur vierten Kulturveranstaltung in der 32. Saison des Festivals der Hoffnung war die Schlagzeugmafia aus Mannheim und nicht aus Italien angereist, wie ein paar Besucher zunächst dachten. Die jungen Herren sorgten nicht nur zwei Stunden lang für beste Unterhaltung, sondern strapazierten zudem kein bisschen die Nerven, sondern über weite Strecken ihres Programms „Backstreet Noise“ die Lachmuskeln der begeisterten Zuschauer, die nicht nur aus der näheren Umgebung angereist waren. So erkannte Unterensingens Bürgermeister Sieghart Friz im recht jungen Publikum nur sehr wenige „seiner“ Bürger.

Fünf Snare- und zwei Basstrommeln – mehr brauchten Joda Foerster, Bino Engelmann, Jonny König, Ben Jost und Lorenz Schimpf nicht, die in der ersten Hälfte des Programms vom sechsten Mann Felix Heinicke aus dem Off unterstützt wurden. Nach der Pause hatte Heinicke als Butler und Marionetten-Strippenzieher selbst noch seine Auftritte auf der Bühne.

Im ersten Teil des Programms zeigten die fünf Musiker, allesamt ehemalige Studenten der Mannheimer Popakademie und Gewinner des baden-württembergischen Kleinkunstförderpreises 2015, welch unterschiedliche Klänge je nach Spielweise den Trommeln entlockt werden können. Mit Fingern, mit Schlagzeugstöcken, aber auch mit anderen Utensilien. Die Trommler haben aber nicht nur Rhythmus im Blut, sondern beherrschen auch Pantomime, Slapstick, Komik, Koordination und Artistik in vollkommener Form. Allein schon das Mienenspiel und die komischen Szenen, die teilweise an die Stummfilme mit Charlie Chaplin erinnerten, waren den Besuch der Veranstaltung wert. Die Choreografien mit deckungsgleichen Bewegungen fordern Respekt. Die Drummer zündeten im Laufe des Abends nicht nur drei Knallbonbons mit Konfettiregen. Auch ihre Pointen zündeten präzise.

Nachdem die Mafiosi eine Weile zusammen laut getrommelt hatten, klingelt schon bald die Polizei an der Tür. Noch rechtzeitig können sich die Fünf als Pizzabäcker tarnen – um dann mit Teigboden-ähnlichen Schlagpads weiter im Takt zu musizieren. Immer wieder beziehen die Künstler auch das Publikum in die Show ein, das sehr gerne im richtigen Takt mitklatscht oder die gewünschten Geräusche macht.

Auch das Zupfen an Hosenträgern eignet sich als eigene Musikform

Dann ertönt aus dem Lautsprecher die unmissverständliche Aufforderung „Finito! Silenzia!“. Ein Paket fliegt auf die Bühne, in dem sich neben einem Zettel mit dem Wort „Silenzio“ und einem Totenkreuz auch ein zerbrochener Schlagzeugstock befindet. Nun üben die Ganoven, sich mit Pfeilen und Kanonen zu verteidigen. Aber das Sirenengeheul rückt näher und eine wilde Verfolgungsjagd beginnt. Das Quintett steigt pantomimisch in ein Auto ein und legt bei der Flucht zunächst einmal ungewollt den Rückwärtsgang ein. Urkomisch sieht die Umsetzung aus. Am Ende schießt einer auf den Schultern des anderen sitzend den Hubschrauber der Verfolger mit dem Kanonenrohr ab – umgesetzt in Zeitlupe. Die erstklassigen Drummer haben sich der Verfolger entledigt.

Nach der Pause kommen die Musiker in coolen Mänteln und mit Sonnenbrillen zurück und erzeugen mit den Handflächen auf den Trommeln Scratch-Sounds wie Discjockeys. Auch das Zupfen an Hosenträgern eignet sich als eigene Musikform, ebenso wie das Stampfen mit den Füßen. Auch beim inszenierten Boxkampf machen die Drummer eine gute und zugleich ulkige Figur – ebenso wie als von Felix Heinicke geführte Marionetten und beim zirkusreifen Jonglieren von Hüten auf Trommelstöcken.

Faszinierend ist indes auch, wie im Dunkeln nur noch die von Schwarzlicht beschienenen Stöcke grün leuchten und zu belebten Figuren werden. Vögel fliegen, ein Hund und ein Mann mit Hut laufen vorüber. Riesenapplaus im Udeon für die Entertainer.

„Wir nehmen uns selbst nicht so ernst“, erklärt Joda Foerster von der Schlagzeugmafia im Gespräch mit unserer Zeitung nach der Show. „Wir kommen bei den Proben auf blöde Ideen und probieren dann, Stücke zu schreiben und alles zu einer Show zusammenzufügen.“ Der Vorteil an der nonverbalen Show: „Die funktioniert auch bei internationalem Publikum. Mimik, Gestik und Rhythmus werden überall verstanden und schließen keinen aus.“

Bei ihrer Begrüßungsrede hatte Redaktionsleiterin Anneliese Lieb darauf hingewiesen, dass Bundespräsident Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache von „Licht der Hoffnung“ gesprochen hatte. „Er kennt sicher unsere Aktion nicht. Aber die Intention ist dieselbe: Es geht um die Unterstützung von Mitmenschen, denen es nicht so gut geht.“ Und die Unterstützung ist in der 32. Saison von „Licht der Hoffnung“ unserer Zeitung immens. Über 127 000 Euro sind für die acht sozialen Projekte schon jetzt zusammengekommen. Auch die ausverkaufte Veranstaltung der Schlagzeugmafia wird den Betrag noch weiter steigern.

Das Festival der Hoffnung wird am Samstag, 21. Januar, um 20 Uhr mit dem Auftritt der Celtic-Folk-Band Cara in der Melchiorhalle in Neckartenzlingen fortgesetzt. Zum Abschluss tritt am Samstag, 4. Februar, um 20 Uhr die Formation GlasBlasSing in der Festhalle im Erich-Scherer-Zentrum in Frickenhausen auf.

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