Geschichten aus der Klinik
Wann die Ethik-Beratung an den Medius-Kliniken gefragt wird
Eine (un)mögliche Entscheidung? In schwierigen Situationen steht das Ethik-Komitee während einer Behandlung in den Medius-Kliniken Nürtingen, Kirchheim und Ostfildern-Ruit beratend zur Seite.
An einem kalten Wintermorgen wird die hochbetagte Hedwig F. in die Medius-Klinik Kirchheim eingeliefert. Sie ist schwer herzkrank und kommt in sehr kritischem Zustand auf die Intensivstation. Dort kann ihr Zustand zwar stabilisiert werden, sie erholt sich jedoch nicht und liegt nun im Koma. Da sie sich nicht mehr selbstständig ernähren kann und die Ernährung über die Venen nicht über längeren Zeitraum möglich ist, steht die Ernährung über eine sogenannte PEG-Sonde im Raum, also ein künstlicher Magenzugang von außen durch die Bauchhaut. Alternativ ist darüber nachzudenken, ob eine Sterbebegleitung im Sinne der Patientin wäre. Für beide Varianten gibt es ausreichende Begründungen.
Hedwig F. kann diese Entscheidung jedoch nicht mehr selbst treffen. Nun sind Ärzte, Pflegekräfte und nicht zuletzt die Angehörigen mit der Entscheidungsfindung betraut, die dem vermutlichen Willen der Patientin entsprechen soll. Schwere Entscheidungen gehören in der Klinik zwar zum Alltag, dennoch sind diese oft existenziellen Fragen sehr komplex und manchmal auch konfliktbehaftet. So kann ein ethischer Konflikt entstehen: Oft steht auf der einen Seite das Recht des Patienten auf Autonomie, demgegenüber steht das Wohlwollen und Nichtschadenwollen beziehungsweise die Fürsorge für den Patienten.
Wie kann es in einer ethisch schwierigen und konfliktbehafteten Situation weitergehen?
Das klinische Ethik-Komitee ist ein interdisziplinäres Team aus allen Klinikstandorten der Medius-Kliniken, das in solchen Situationen beratend zur Verfügung steht. Im Fokus der Beratung von Behandlungsteams, Patienten und Angehörigen stehen in der Regel die folgenden Fragen:
1. Entsprechen die Therapiemaßnahmen dem verfügten oder mutmaßlichen Willen der Patientin beziehungsweise des Patienten?
2. Soll eine Behandlung fortgeführt, intensiviert oder abgebrochen werden oder ist eine Umorientierung der medizinischen Maßnahme sinnvoll?
3. Wie kann die Würde der Patientin beziehungsweise des Patienten bei anstehenden Entscheidungen gewahrt werden?
Die Beratung über diese Fragen findet in Form eines Ethik-Konsils mit einer konkreten Fragestellung statt. Die ethische Fallberatung übernehmen geschulte Fallberaterinnen und -berater aus dem Ethik-Komitee. Ihr Ziel ist es, eine ethisch begründete und für alle Beteiligten nachvollziehbare Empfehlung auszusprechen. Das Votum des Komitees hat beratenden Charakter und alle Beteiligten unterliegen der Schweigepflicht.
Besonders wichtig ist den Mitgliedern hier stets die wertschätzende Unterstützung im Sinne des Patientenwohls. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das strukturierte Aufarbeiten des konkreten Falles unter ethischen Gesichtspunkten und der moderierte, gemeinsame Weg der Konsensfindung im Ethik-Team die Schlüssel zur Lösung des Konfliktes sind. Die endgültige Ausrichtung der weiteren Behandlung und die damit verbundene Verantwortung bleiben jedoch beim Behandlungsteam.
Es bleibt ohne Frage immer eine schwierige Situation, aber alle Beteiligten verspüren eine erhebliche Erleichterung, wenn der Konflikt und die Entscheidung für einen Moment an das Ethik-Team abgegeben werden können. Sie müssen die Last des Entschlusses nicht allein tragen, sondern gehen den Weg gemeinsam im Team.
Der Ablauf einer Ethikberatung
Wer kann anfragen? Die Anfrage kann von Mitarbeitenden aus Medizin und Pflege, aber auch von Patienten und deren Angehörigen gestellt werden.
Wie sieht die Fragestellung aus? Es geht um ethische Fragestellungen, nicht um medizinische Entscheidungen.
Wer sind die Mitglieder der Komitees? Das Komitee besteht aus jungen und erfahrenen Personen aus verschiedenen Berufsgruppen, mit verschiedenen kulturellen Hintergründen. So kann eine Fragestellung umfassend beleuchtet werden.
Wie lange dauert eine Beratung? Innerhalb eines Arbeitstages wird die Anfrage an das Komitee weitergeleitet, innerhalb von zwei weiteren Arbeitstagen kommt es zum Ethik-Konsil, dessen Empfehlung schnellstmöglich übermittelt wird.
Was ist ein Ethik-Konsil? Im Ethik-Konsil wird der Fall von fünf bis sechs geschulten Personen so lange nach einem strukturierten Schema besprochen, bis das Team eine gemeinsame, ethisch gut begründete Empfehlung im Sinne des Patientenwohls abgeben kann.
Wie sieht das Ergebnis aus? Innerhalb von zwei Tagen kommt das Konsil zu einer gemeinsamen Empfehlung, die neutral, nachvollziehbar und ethisch gut begründet ist, sodass sie den Beteiligten bei der Entscheidungsfindung helfen kann.