Leserbriefe

Billiger Wahlklamauk fürs Fernsehen

Herbert Schölch-Heimgärtner, Neuffen. Zum Artikel „Robert Habeck sagt TV-Duell mit Alice Weidel ab“ vom 19. Dezember.

Als wären die Zeiten nicht schon schlimm genug, planen ARD und ZDF nun ein derart geschmackloses Wahltheater, wollen Scholz und Merz zum einen und Habeck und Weidel zum andern jeweils zum Duell laden. So überführt man die vielfach beklagte Politikverdrossenheit in Entsetzen und Ekel. Nach Sportschau-Manier den Eitelkeiten und Profilie-rungssüchten Raum zu geben, hofiert die Lautesten – die Lauteren, so es sie gibt, hält man (Denken strengt ja an) auf Abstand. Wenn Merz und Scholz dieses Duell-Konzept annehmen, fehlt ihnen offenbar die sittliche Reife für ernsthafte politische – also am Gemeinwohl orientierte – Debatte. Eigentlich will ja die SPD „Fairness im Wahlkampf vereinbaren“. Das TV-Konzept opfert Fairness auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten. Die üble Duftmarke dieses Konzepts: Uns wird als sicher untergejubelt, dass – gewissermaßen naturwüchsig – der nächste Kanzler Merz heißt. Der Wähler als Souverän wird um die Chance einer informierten und wohlüberlegten Entscheidung gebracht, und dass Habeck diesen billigen Schabernack verweigert, ehrt ihn. Mich interessiert keine „Sonntagsfrage“ oder welche Koalition sich wer herbeiwünscht oder ausschließt. Mich interessiert, welcher Politiker Sorge trägt, dass meine Enkel in einer gerechten und lebenswerten Gesellschaft groß werden. Wozu verpflichtet er/sie sich, um die Umwelt zu erhalten, die Klimakatastrophe einzudämmen? Mit welchem qualitativ neuen Konzept (abgedroschene waren es nun genug) will man die Rente für alle in sichere Bahnen lenken? Was gedenkt man zu tun, um die seit 1997 verfassungswidrig ausgesetzte Vermögensteuer (sie steht im Grundgesetz an erster Stelle des Steueraufkommens der Länder!) mit gerechter Regelung wieder einzusetzen? Wer ist bereit, über eigene Inhalte und die Förderung des Gemeinwohls, auf Faktenbasis, zu reden und im Sinn aller zu handeln?

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