Leserbriefe

Gesundheitssystem wurde kaputtgespart

Dr. Johannes Heimann, Nürtingen. Vor Jahren hat eine Gesundheitsministerin der SPD – die Vorgänger und Nachfolger der gleichen oder der anderen Partei waren auch nicht besser – unter dem Primat möglichst niedriger Krankenversicherungsbeiträge die Stellen von Krankenschwestern und Ärzten soweit als möglich reduziert. Denn ihrer Meinung nach waren ja schließlich die Ärzte und Krankenschwestern schuld an den Kosten. Also: je weniger Krankenschwestern und Ärzte, umso billiger.

Ich rieb mir verdutzt die Augen, denn bis dahin dachte ich, es seien die Krankheiten, und vor allem die schlecht diagnostizierten und behandelten, die teuer wären. Krankenhäuser wurden auf Rentabilität getrimmt – auch gut gehende Krankenhäuser gerieten in die roten Zahlen und der neu eingewechselte Krankenhausmanager sparte dort, wo es scheinbar am leichtesten ging: bei den Stellen von vor allem Krankenschwestern, aber auch Ärzten. Ich habe in den letzten Jahren keine einzige Krankenschwester kennengelernt, die mit ihren Arbeitsbedingungen auch nur halbwegs zufrieden war. Und mit dem Gehalt erst recht nicht: da verdiente der Gleichaltrige im IT-Sektor auf viel leichtere Art mitunter ein Mehrfaches.

Überhaupt sind alle Berufe, in denen sich Menschen um Menschen kümmern, Altenpfleger(innen), Pädogog(inn)en, meist mager vergütet – solche Arbeit bringt ja keinen Profit. Ich hole meine Tante aus ihrem schäbigen Altenpflegeheim ab, wir fahren an glitzernden Bankgebäuden und einem todschicken Musical-Areal vorbei in ein Krankenhaus, das aus allen Nähten platzt. Gestörte Welt – kranke Priorisierung von unnötigem Protz – zu verdanken einer gesellschaftlichen Mentalität, die die eigene Hinfälligkeit, das eigene Altern, den eigenen Tod verdrängt. Das fällt uns nun auf die Füße.

Meine erste Forderung: alle Krankenschwestern sofort – und dies dauerhaft über die jetzige Krise hinaus – deutlich (!) besser vergüten, damit der Beruf wieder attraktiv wird. Das kommt für die jetzige Situation zu spät, damit kann man jetzt auch keine Intensivpfleger(innen) aus dem Boden stampfen – aber wer weiß, wenn wir diese Krise überstehen, was noch auf uns wartet?

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