Leserbriefe

Über Fehler sieht Herr Zimmermann hinweg

Gerd Lichtenauer, Großbettlingen. Zum Artikel „Zimmermann weist Stab-Kritik zurück“ vom 1. Februar. Wenn man den Brief des Landtagsabgeordneten Zimmermann liest, dann kann man erst so richtig verstehen, warum die Vorsitzende des Landeselternbeirats zurückgetreten ist. Wer sich solch einen mit Selbstgefälligkeiten gefüllten Ballon zurechtbastelt, der ist für Kritik nicht mehr zugänglich. Der Ballon könnte ja sonst platzen. Herr Zimmermann schwärmt von Bildungsstandards (was haben eigentlich Schulen früher vermittelt?), von Evaluation und natürlich vom fortschrittlichen Werkrealschulkonzept, nach dem andere Bundesländer schon neidisch schielen. Das glaube ich erstens nicht, zweitens wäre es entlarvend für diese Art von Bildungspolitik: Es gibt noch keine detaillierte Beschreibung, was da eigentlich passieren soll, geschweige denn das geringste Fitzelchen an praktischer Erfahrung – aber schon lobt man sich selbst über den Schellenkönig, andere glauben das Wortgeklingel und finden es vielleicht sogar nachahmenswert.

An die Segnungen des 530-Millionen-Programms glaube ich erst, wenn irgendetwas Gutes davon bei meinem Sohn angekommen ist. Einstweilen lese und höre ich von Lehrermangel an sämtlichen Schularten, von Unterrichtsausfällen, von fehlenden Erzieherinnen, Schulpsychologen, Sozialarbeitern und anderem mehr. Die Senkung des Klassenteilers an Gymnasien wird sich schwer verwirklichen lassen, weil man weder die Lehrer noch die Räume hat. Ich lese, dass die Kammern über 15 Prozent Jugendliche beklagen, denen die Ausbildungsreife fehlt. Waren nicht unlängst Tausende von Schülern und Studenten auf der Straße, weil sie mit dem Bildungssystem unzufrieden sind? Gab es nicht massive Kritik von Schülern und Eltern am achtjährigen Gymnasium? Warum boomt der Nachhilfemarkt? Warum steigen die Schülerzahlen an Privatschulen? Warum soll ein Heer an Ehrenamtlichen helfen, die Personallücken im Bildungsbereich zu schließen?

Unablässig produziert die Landesregierung irgendwelche Bildungsideen, überlässt die Finanzierung aber dann anderen, die das Geld nicht haben. Über all diese Dinge geht Herr Zimmermann großzügig hinweg. Baden-Württemberg hat das beste Bildungssystem und die Erde ist eine Scheibe.

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