Leserbriefe

Die richtigen Weichen stellen

Udomar Rall, Nürtingen.

Mein Verständnis für die aktuellen Bauernproteste halten sich sehr in Grenzen. Die Kosten für Treibstoff treffen vor allem die Tierhalter, da deren Verbrauch von fossilen Energien rund 50 Prozent höher liegt als bei den Gemüsebauern. Seit Jahrzehnten wird eine völlig verkehrte Subventionspolitik zugunsten der Nutztierhaltung betrieben. „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“. Sie ist die Lebenskraft, welche den Tieren geraubt wird. Weder Ökologie noch das Wohl der Tiere haben wirklich je eine Rolle gespielt. Auch heute noch leben Hühner in fürchterlichen Zuständen. Um jeden Quadratzentimeter mehr wird gerungen, und die „christliche“ Partei hat sich stets gegen Verbesserungen im Tierschutz gestellt. Wer von uns möchte in einem Kastenstand gequält oder mit Gewalt geschwängert oder von den Kindern getrennt werden? Wie sehr gilt der Maßstab „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu?“

In Umfragen sprechen sich Verbraucher für mehr Tierwohl aus, wohl des Gewissens wegen. Doch beim Einkauf entscheidet der Geldbeutel allein bei den meisten, auch bei solchen, die sich Haltungsform vier leicht leisten könnten. Da der Konsument bisher nicht im notwendigen Umfang bereit ist, die Appelle zur Reduzierung des Fleischverbrauchs und zum Umstieg auf mehr Tierwohl und weniger Tierquälerei zu befolgen, muss die Politik unbedingt steuernd eingreifen, durch Anpassungen der Mehrwertsteuer und Einpreisung der Kosten für die Umweltschäden, welche die Tierhaltung verursacht. Versäumt haben der Bauernverband und die Politik eine besondere Unterstützung der Ökolandwirtschaft.

Stattdessen wollte man lieber Fleisch exportieren. Ökogemüse wird dagegen importiert. Die Bauern wollen Investitionssicherheit. Dann empfehle ich, so bald wie möglich von Tierwirtschaft auf den Anbau von Pflanzen für den Verzehr von Menschen umzusteigen. Denn in den nächsten Jahrzehnten wird sich mit dem Heranwachsen der jungen Generation die Nachfrage nach tierischen Produkten drastisch vermindern, mit exponentiellem Faktor zugunsten von Klima, Bodenqualität, Artenvielfalt und Tieren.

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