Leserbriefe

Nur ein Feigenblatt

Kai Hansen, Nürtingen. Zum Artikel „Eine Generalplanung für verkehrsfreie Innenstadt?“ vom 16. Juli. Am Montag fand in der Stadthalle eine Vorstellung zum Kreuzkirchpark statt. Noch vor einem Jahr war hierzu OB Heirich zugegen und machte Versprechungen, dass man sich den Ausarbeitungen engagierter Nürtinger Bürger stellen würde. Versprochen war auch, dass man sich frühzeitig wieder zusammensetzen würde.

Nach mehr als einem Jahr war nun zu hören, dass der Gemeinderat und auch zuvor der Bauausschuss bereits Entscheidungen getroffen haben, ohne je das bereits im November 2007 eingereichte Bürgerkonzept gesehen zu haben, das seitens der Bürgergruppe mit dem OB und dem Baubürgermeister durchgesprochen war. Immerhin haben sich Bürger über Wochen ernsthaft zusammengesetzt und nachgedacht, es wurden die Elternvertretungen sämtlicher Schulen und Kindergärten einbezogen, und es lagen schließlich mehr als 3000 Unterschriften mit vor. Was oder wer treibt die Nürtinger Stadtverwaltung? Ein ehrbarer und offener Umgang mit den Bürgern ist es jedenfalls nicht. Um es deutlich zu sagen: Es geht nicht um eine 1:1-Umsetzung von Bürgervorschlägen, sondern um den Stil des Umgangs. Eine städteplanerische Perspektive fehlt dem neuen Plan der Stadt. Dieser würde den ganzen Raum um die Kreuzkirche nach Gesichtspunkten des Sich-aufhalten-Könnens miteinbeziehen, statt sich mit pflegeleichter Bepflasterung zufrieden zu geben.

Zum Boss-Gelände soll geschwiegen werden, aber die Bürgerseele brodelt auch hier. Nun steht als nächstes das Thema Hölderlinhaus beziehungsweise Schweizerhof bevor. Hier geht es um die Atmosphäre und die Substanz der Nürtinger Altstadt. Und es geht um eine angemessene Reverenz, die man Hölderlin erweist. Das erfordert Nachdenken und Fantasie derer, die hier leben. Wird nun wieder mit rechtlich-politischen Verwaltungstricks gearbeitet, statt ehrenhaft und offen zu kommunizieren? Wird wieder der Bürger als unmündiges, uneiniges und inkompetentes Wesen übergangen?

Man bedenke: Der lauschige Brunnen am Da Spago kommt weg, das neue Gebäude wird wesentlich größer, die Schlossgartenstraße erheblich verengt. Zu Hölderlin, kein einziger Vorschlag.

Jedenfalls gibt es Besprechungsbedarf, der aber bisher bei OB Heirich und Co. nur eine Feigenblattfunktion hat. Es reicht! Die Stadtverwaltung soll frühzeitig, ernsthaft und anständig mit uns Bürgern reden.

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