Weihnachtsgrüße
An Heilig Abend gibt’s nach dem Schlittenfahren Blutwurst und Sauerkraut
Bei Alisia Donner in Estland sind weiße Weihnachten sehr wahrscheinlich.
Knapp sieben Monate ist es bereits her, dass ich beschlossen habe, für ein dreiviertel Jahr nach Tallinn in Estland zu ziehen, um als Freiwillige in einem Kindergarten zu arbeiten. Und Ende September habe ich tatsächlich meine Koffer gepackt und bin ins Flugzeug gestiegen. In dieser Zeit habe ich schon so viele Erfahrungen gesammelt, wie sonst in zwei Jahren nicht.
Zuerst war es eine Riesenumstellung für mich, sich in einem fremden Land zurecht zu finden und auch zum ersten Mal alleine zu wohnen. Zum Glück kann man sich hier auch mit Englisch ziemlich gut durchringen, denn Estnisch macht der deutschen Sprache echt Konkurrenz, was seine schwere Grammatik an geht. Sogar die Kinder im Kindergarten, die alle zwischen drei und sieben Jahre alt sind, können zum großen Teil schon Englisch.
Bei meiner Arbeit im Kindergarten lerne ich nicht nur viele Aspekte der estnischen Kultur kennen, wie die Sprache, die Küche und die Traditionen, sondern zeige den Kindern und Erzieherinnen auch Teile der deutschen Kultur. Ich habe jetzt bereits schon Mamorkuchen mit den Kindern gebacken und ihnen Kinderspiele, wie Reise nach Jerusalem, gezeigt.
Im November bin ich für ein Ankunft-Seminar in die diesjährige Kulturhauptstadt Europas, Tartu, gefahren. Dort konnte ich nicht nur die wunderschöne Stadt erkunden, sondern ich hatte auch die Möglichkeit Freiwillige aus der ganzen Welt kennen zu lernen und mit ihnen Freundschaften zu schließen.
Als ich nach dem Seminar wieder in Tallinn ankam, war alles mit Schnee bedeckt und der Boden war total vereist. Laut den Erzieherinnen in meinem Kindergarten war der Schnee dieses Jahr aber vergleichsweise spät dran, denn oft rechnet man hier schon im Oktober mit Schnee. Es ist anscheinend auch nichts Besonderes, wenn es auch im April noch schneit und es Temperaturen von bis zu -20 Grad gibt. Aber wenigstens liegt die Chance auf eine weiße Weihnachtszeit dann schon mal höher.
Die Weihnachtszeit wird hier inoffiziell mit der Eröffnung des Weihnachtsmarktes in der Altstadt eingeleitet. Dabei wird gemeinsam der Tannenbaum (Auf estnisch Kuusepuu) in der Mitte des Marktes beleuchtet und im Anschluss führt eine Gruppe traditionell estnische Tänze vor. Auch an den nächsten Adventswochenenden steht Programm an. Chöre, Theateraufführungen, verschiedene Tanzgruppen und natürlich das Anzünden der Adventskerze. An vielen verschiedenen Ständen werden Glögi (estnischer Glühwein), traditionelle Gerichte und handgemachte Werke, wie Handschuhe, Kerzen und Holzschmuck, verkauft.
Anstatt eines Adventskalenders hängen die Kinder während der Adventszeit Socken auf, diese werden dann über Nacht von dem Elf, Pàkapikud, mit Süßigkeiten gefüllt. Weihnachten wird, wie in Deutschland, am 24. Dezember gefeiert. Den Tag über backt man mit der Familie Lebkuchen und geht Schlitten fahren. Häufig besucht man auch das Grab von geliebten Menschen und zündet ihnen eine Kerze an. Abends gibt es dann häufig Blutwurst mit Marmelade, Sauerkraut, Kartoffeln und Schweinsbraten. Dann bringt der Weihnachtsmann, Jõuluvana, Geschenke und es gibt die Bescherung.
Obwohl die Vorstellung von weißen Weihnachten in Tallinn ziemlich verlocken klingt, fliege ich über die Feiertage zu meiner Familie nach Hause. Denn mit der Familie ist es während dieser eisigen Zeit ja immer noch am schönsten.
Ich wünsche euch allen wunderschöne Weihnachten und ein schönes neues Jahr! Oder wie man auf estnisch sagt: Häid jõule ja ilusat uut aastat!
Alisia Donner