Weihnachtsgrüße

Der Liebe wegen verlängert

Jonah Hanak hat in Amherst nicht nur seine Freundin zu lieben, sondern auch das Land selbst und die akademische Bildung zu schätzen gelernt.

Zusammen mit seiner Freundin Olivia nahm Jonah Hanak am Turkey Trot teil, einem Fünf-Kilometer-Lauf für einen guten Zweck. Foto: privat

Seit eineinhalb Jahren lebe ich nun schon in Amherst, einer charmanten amerikanischen Unistadt im Westen von Massachusetts. Eigentlich waren nur zwei Semester als Austauschstudent während meines Masterstudiums geplant. Doch die Faszination für dieses teils verrückte Land, das mich trotz mancher Eigenheiten in seinen Bann gezogen hat, eine tolle akademische Erfahrung, die Chance auf eine Promotion und nicht zuletzt die Liebe haben mich hierbehalten. Aber von Beginn an.

Amherst wäre ohne die Universität wohl nur ein kleiner Flecken, umgeben von wunderschöner Natur und weitläufiger Landwirtschaft. Der Campus der „University of Massachusetts Amherst“ gleicht einer eigenen Stadt, den man theoretisch für nichts verlassen müsste. Es gibt mehrere Mensen, die von früh morgens bis Mitternacht geöffnet haben, eine eigene Krankenstation, Polizei und Feuerwehr, mehrere Museen, Gewächshäuser, Sportanlagen aller Art sowie ein breites Spektrum an kulturellen Veranstaltungen wie Orchesterkonzerten und Tanzaufführungen. Mit über 30000 Studenten, von denen mehr als die Hälfte auf dem Campus leben und diesen wohl tatsächlich kaum verlassen, pulsiert hier das Leben. Man kann die höchste Backsteinbibliothek der Welt bestaunen, es gibt sowohl höhere Backsteingebäude als auch eine Handvoll höhere Bibliotheken, aber nichts Höheres in Kombination. Faszinierend. Dazu kommen für amerikanische Verhältnisse recht historische Gebäude teilweise aus dem 18. Jahrhundert. Auch nach all der Zeit staune ich immer noch über den Campus, der sich so sehr von dem unterscheidet, was ich aus der Heimat kenne. Besonders schätze ich auch den hohen Anteil an internationalen Studenten, die zu meinen Freunden wurden und meinen Horizont auf vielfältige Weise erweitert haben.

Die Holiday-Season startet hier mit dem Beginn des Herbstes. Neuengland ist für seine Herbstfarben weltberühmt – und das vollkommen zu Recht! Inmitten dieses prachtvollen Farbenmeers beginnt in ganz Massachusetts auch dank seines als „Hexenstadt“ bekannten Salem die Vorfreude auf Halloween. Viele Menschen dekorieren ihre Häuser und Vorgärten aufwändig und ich selbst bin auch in den Genuss des Pumpkin-Carvings gekommen. Die Euphorie der Menschen hier für dieses Fest ist schon außergewöhnlich.

Nur wenige Wochen später folgt mit Thanksgiving ein weiterer wichtiger Feiertag. Zusammen mit meiner Freundin Olivia habe ich dieses Jahr den Tag bei eisigen Temperaturen mit dem seit 1989 traditionellen „Turkey Trot! in Newburyport begonnen. Dabei handelt es sich um einen Fünf-Kilometer-Lauf für den guten Zweck. Der Rest des Tages wurde im Kreise ihrer Familie verbracht und war vor allem geprägt von vielen verschiedenen leckeren Speisen. Die Zubereitung all dieser Gerichte war ein zweitägiger Gemeinschaftsakt, an dem sich alle beteiligt haben - eine wirklich schöne Erfahrung. Am Tag nach Thanksgiving verschwand dann auch die letzte Halloween-Dekoration aus den Vorgärten, um Platz für weihnachtlichere Verzierungen zu schaffen. Diese unterscheidet sich im Wesentlichen nicht zu sehr von dem, was es in Deutschland auch gibt, nur ist es teilweise nochmal eine Nummer kitschiger und größer.

Zusammen mit seinen Freunden (von links) Lisa, Avery und Nils erkundet Jonah Hanak (Zweiter von rechts) beim Wandern die Umgebung von Amherst. Im Hintergrund ist der Campus zu sehen, insbesondere die Bibliothek. Foto: privat

Das eigentliche Weihnachtsfest werde ich, wie schon im letzten Jahr, im Kreise meiner Verwandtschaft in San Diego, Kalifornien, verbringen. Meine Mutter stammt ursprünglich von dort. Es ist beeindruckend, wie anders dieser Teil der USA zu Massachusetts ist – sei es die Mentalität der Menschen oder das Wetter. Von einer verschneiten Winterlandschaft geht es direkt in die Sonne, wo man an Weihnachten in kurzer Hose am Strand spazieren gehen oder sogar mit einem Neoprenanzug ins Meer springen kann. In anderen Worten: Es lässt sich gut aushalten. Dennoch spüre ich gerade über die Feiertage die Distanz von meiner Heimat und meiner Familie besonders, wenn ich die vertrauten Geräusche, Gerüche und Rituale meiner deutschen Heimat vermisse. Daher gehören diese letzten Zeilen meiner Familie zuhause. Ich wünsche euch eine schöne und friedliche Zeit über die Feiertage. Ich denke an euch!

Jonah Hanak

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