Weihnachtsgrüße
In Nordsulawesi wird ausgelassen Weihnachten gefeiert.
Barbara Butz arbeitet als Tauchlehrerin auf der kleinen indonesischen Insel Lembeh und freut sich auf ein fröhliches Fest.
Letztes Jahr hatte ich hier in der Nürtinger Zeitung vom Weihnachtsfest auf den Malediven berichtet. Neun Monate hatte ich auf der Insel Thulhagiri als Tauchlehrerin gearbeitet. Als sich meine Zeit dort dem Ende zuneigte, schaute ich mich nach einem neuen Tauch- und Arbeitsplatz um. Ich wollte gerne mehr von Südostasien sehen und hatte mir Indonesien als neues Reiseziel ausgesucht. Von Male flog ich Mitte August nach Kuala Lumpur, wollte aber ab dort auf umweltfreundlichere Transportmittel setzen und ohne einen weiteren Flug zu meiner nächsten Tauchbasis gelangen. Diese befindet sich auf Lembeh, einer kleinen Insel am äußersten Zipfel von Nordsulawesi, knapp über dem Äquator.
In Kuala Lumpur angekommen reiste ich erst zusammen mit meiner Schwester ins malaysische Hochland, den Nationalpark, ans Meer und weiter nach Singapur. Von dort ging es für mich allein und ohne den überraschenden Komfort der Reisebusse der südostasiatischen Peninsula weiter. Nach längerem Warten auf mein Arbeitsvisum setzte ich Anfang September mit dem Speedboot auf die erste, vor Singapur gelagerte indonesische Insel über.
Hier merke ich schnell, dass in Indonesien vieles anders ist. Während in Thailand und Malaysia die üblichen Reiserouten von Touristen sehr ausgetreten sind, begegnete ich auf meinem Weg durch den Inselstaat abgesehen von ein paar kleinen Grüppchen bei den Sehenswürdigkeiten auf Java kaum Individualreisenden. Auf den PELNI-Schiffen, den großen Langstreckenfähren Indonesiens, war ich scheinbar auch seit längerem die einzige Ausländerin, die eine dieser mehrtägigen Überfahrten wagte. Dies liegt sicher nicht nur daran, dass man für solch eine Reiseart viel Zeit einplanen muss, sondern auch daran, dass es gar nicht so einfach ist auf so ein Schiff zu kommen. Die Fahrpläne erscheinen sehr kurzfristig auf der Website, auf der man nur als indonesischer Staatsbürger eine Karte kaufen kann und daher ein Büro der Fahrgesellschaft aufsuchen muss.
Nachdem ich dort ein Ticket ergattert hatte und auf Anraten der Angestellten viele Stunden vor Abfahrt mitten in der Nacht am Hafen auf die Abfahrt gewartet hatte, setzte ich in eineinhalb Tagen nach Jakarta, der Hauptstadt Indonesiens, auf die Insel Java über. Mit dem Zug fuhr ich von dort, nicht ohne den antiken Tempeln bei Yogyakarta und den zwei berühmtesten Vulkanen Javas einen Besuch abzustatten, nach Surabaya ans andere Ende der Insel. Von Surabaya über Südsulawesi und die Molukken nach Bitung, der großen Hafenstadt gegenüber von Lembeh, dauerte die Schiffsfahrt dann fünfeinhalb Tage.
Die Fähren sind sehr spartanisch eingerichtet. Mehrere Decks sind mit reihenweisen, dicht an dicht liegenden Pritschen gefüllt, in denen jeweils an die fünfhundert Menschen Platz finden. Hier fiel ich auf wie ein bunter Hund und unter all den Passagieren hatte sich meine Anwesenheit schnell herumgesprochen. Immer und immer wieder wurde mir hinterhergerufen und ich nach einem gemeinsamen Foto gefragt.
Die Molukken stellten sich dabei jedoch als besonders freundliche Mitreisende heraus, von denen mich manche auf einen Tee und ein Gespräch oder zum Mensch-ärgere-dich-nicht spielen eingeladen haben. Mit ordentlich Verspätung kam ich spät in der Nacht Ende September in Bitung an. Von dort ist es nur noch eine viertelstündige Überfahrt direkt zu dem Tauchresort Bastianos Lembeh, für das ich die nächsten neun Monate arbeiten werde.
Nun bin ich schon zwei Monate auf Lembeh und habe mich etwas einleben und einarbeiten können. Die Lembeh-Straße ist bekannt unter Tauchern für die außergewöhnlichen Meeresbewohner, die sie beherbergt. Hier ist eine Artenvielfalt an seltenen und seltsamen Lebewesen in den ausgefallensten Farben und Formen zu finden. „Critters“ werden die meist winzig kleinen Tiere, wie zum Beispiel Anglerfische, Oktopoden, Skorpionsfische, Seepferdchen, Sepien, Nacktschnecken, Garnelen und Krabben, genannt. Sie leben auf dem schwarzen Vulkansand dieser Gegend und haben dort die verrücktesten Überlebensstrategien entwickelt.
Während ich hier unter Wasser damit beschäftigt bin, Critters zu suchen, passiert es mir schnell, dass ich den Winter und die Vorweihnachtszeit in Deutschland aus den Augen verliere. Dabei wird hier Weihnachten mindestens genauso groß gefeiert werden wie bei uns. In Nordsulawesi machen nämlich, anders als im Rest des größtenteils muslimischen Landes, die Christen die Mehrheit der Bevölkerung aus.
In der Stadt habe ich daher schon die ersten aufgestellten Tannenbäume und aufgehängten Lichterketten entdeckt. An manchen Straßen tauchen kleine Läden auf, die bis zum Überquellen mit Weihnachtsmännern, Rentieren und Kunstschnee vollgestopft sind. Davon, dass die Weihnachtszeit an anderen Tauchorten wie auf den Malediven oder in Thailand auch die touristische Hochsaison darstellt, ist hier nichts zu spüren. Im ganzen Dezember wird es im Resort sehr ruhig zugehen. Wenn wirklich keine Buchung mehr für die Feiertage hereinkommt, werde ich vielleicht zu einem der anderen beiden Standorte dieses Resorts fahren, um mit den dortigen Kollegen Weihnachten zu verbringen. Die Menschen von hier machen alle gerne Musik, singen und tanzen viel. Ich bin gespannt auf ihre Weihnachtslieder und -traditionen, aber bin mir sicher, dass es ein sehr ausgelassenes und fröhliches Fest werden wird.
Ich hoffe, dass es Euch Daheimgebliebenen genauso geht und wünsche allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Viele liebe Grüße aus Lembeh!
Barbara Butz