Weihnachtsgrüße
Neben dem Lego-Weihnachtsbaum steht der Koala
Jenny Krebes feiert in Australien mit ihrer Gastfamilie ganz traditionell – aber im Sommerkleid
Seit Ende Oktober lebe ich nun schon in der weltweit südlichsten Metropole, dem wunderbaren Melbourne in Australien. Als Au-pair wohne ich hier bei einer Familie im Stadtteil South Melbourne und bekomme das australische Leben hautnah mit. Insgesamt werde ich circa acht Monate Down under verbringen und nach den ersten zwei Monaten kann ich jetzt schon sagen, dass Australien traumhaft schön ist und sich der lange Flug definitiv gelohnt hat.
Ich genieße meine Zeit hier sehr und sammle viele Erfahrungen und Eindrücke. So nah am Strand und an einigen wunderschönen Parks und doch mitten in der immer beschäftigten Großstadt zu leben ist einfach großartig. Der einzig ein wenig bedauernswerte Punkt ist, dass ich dieses Jahr Weihnachten zum ersten Mal nicht mit meiner Familie im winterlichen Raidwangen feiern kann. Stattdessen erlebe ich das für mich jährlich schönste Fest mit meiner Gastfamilie bei höchsten Temperaturen im Sommerkleid oder Shorts und T-Shirt. Doch das sommerliche Wetter und der Strand in nächster Nähe sorgen dafür, dass einfach keine weihnachtliche Stimmung aufkommen will.
Da hilft auch die festliche Deko in der ganzen Stadt nicht. Melbourne gibt sich wirklich alle Mühe, auf das Fest einzustimmen. Sogar Weihnachtsmärkte gibt es hier. Die Straßen sind feierlich geschmückt und überall sind weihnachtliche Schriftzüge zu lesen. Ein Lego-Weihnachtsbaum mitsamt Koala ist auf dem Federation Square zu bewundern beziehungsweise zu beschmunzeln. Im Queen-Victoria-Markt hängen goldene Sterne von der Decke und in den Schaufenstern eines der größten Einkaufszentren inmitten der Stadt wird alle paar Minuten eine Weihnachtsgeschichte mittels motorisierter Puppen erzählt – eine sehr winterliche Weihnachtgeschichte, was doch wieder einen seltsamen Eindruck hinterlässt. Man sollte doch meinen, dass die einheimischen Leute gewohnt sind, Weihnachten im Sommer zu feiern. Im Gegensatz zu mir. Für mich wirkt das alles sehr unreal. Vor allem ohne Winterkälte, Adventskranz im Wohnzimmer, Mamas selbstgebackenen Bredla und die für meine Familie üblichen Schälripple mit Kartoffelsalat und Mitschela an Heiligabend. Auch die teilweise sehr kitschige Weihnachtsdekoration in den Häusern mit Schneemännern und allem Drum und Dran scheint neben den im Garten stehenden Palmen doch sehr unpassend. Jedes Mal, wenn man einen Supermarkt oder ein Einkaufszentrum betritt, wird man durch riesige Plastik-Weihnachtsbäume, Girlanden und künstliche Schneedekorationen erst wieder daran erinnert, dass Weihnachten vor der Tür steht.
In Australien ist, anders als in Deutschland, der 25. Dezember der wichtigste Weihnachtsfeiertag. Eben typisch englisch. Meine Gastfamilie feiert ganz traditionell. In der Vorweihnachtszeit schreiben die Kinder einen Brief mit ihren Wünschen an den Weihnachtsmann. An Heiligabend geht die ganze Familie in die Kirche und singt Weihnachtslieder, bevor später die Kinder ein Glas Milch, Kekse und Karotten für Santa und seine Rentiere vor die Tür stellen.
Unter dem (natürlich künstlichen) Weihnachtsbaum werden am nächsten Morgen Geschenke für alle liegen und die Wegzehrung für Santa und seine Begleiter wird aufgegessen sein. Nach der Bescherung ist Familientag bei den Großeltern angesagt und Truthahn, Fisch und Meeresfrüchte werden aufgetischt. Ein sehr ungewohntes Weihnachten, aber letztendlich eine Erfahrung wert.
Ich wünsche allen in der weit entfernten Heimat eine wunderschöne, hoffentlich weiße Weihnachtszeit. Meine liebe Familie und Freunde, ich denke an euch, ganz besonders heute, und freue mich schon, euch in ein paar Monaten wiederzusehen. Merry Christmas und einen guten Rutsch ins Jahr 2016!
Eure Jenny Krebes