Weihnachtsgrüße
Weihnachten ist für die Menschen in Uganda ein bedeutendes Fest
Lea Notdurfts Freiwilligendienst im Osten Afrikas ist herausfordernd und nicht immer leicht, zugleich aber auch wunderschön und unvergesslich.
Ich bin Lea Nothdurft, 18 Jahre alt und 2006 in Nürtingen geboren und aufgewachsen, weshalb Nürtingen schon immer mein Zuhause war.
Im August diesen Jahres nach meinem Abitur, das ich am Hölderlin Gymnasium absolvierte, habe ich meine Heimat verlassen und mich wohl auf eines meiner größten Abenteuer überhaupt begeben. Dafür bin ich für ein ganzes Jahr als Freiwilligenarbeiterin mit dem entwicklungspolitischem Weltwärtsdienstprogramm nach Uganda geflogen. Ich hatte schon immer den Wunsch nach der Schule für eine längere Zeit in eine völlig fremde Welt einzutauchen und neue Kulturen, Lebensweisen und Menschen kennenzulernen. Außerdem arbeite ich sehr gerne mit Kindern zusammen. Auf der Suche nach der perfekten Einsatzstelle für mich, bin ich daher schnell auf die Mwache Shuleni Foundation in Uganda gestoßen. Das ist ein Projekt, das die Ausbildung von Müttern im Teenageralter, ihren Kindern und anderen benachteiligten Kindern aus dem Bezirk Mukono unterstützt. Mukono ist eine größere Stadt, die von unserem Wohnort nur fünf Autominuten entfernt liegt. Zusammen mit meiner Mitfreiwilligen Leni, die 19 Jahre alt ist und ebenfalls aus Deutschland kommt, lebe ich dort bei einer Gastfamilie, wobei Leni und ich in einem eigenen Haus mit eigenem Zimmer und Bad neben dem Haus unserer Gastfamilie leben.
Von Beginn an haben sie uns sehr herzlich aufgenommen und dafür gesorgt, dass wir uns in dieser für uns neuen Welt schnell zurechtfinden und wohlfühlen. Das war auch echt wichtig, denn das Leben hier ist überhaupt nicht mit dem Leben in Deutschland zu vergleichen. Wenn man sich umschaut, liegt überall Müll und Dreck herum. Die Straßen sind sehr uneben und sandig und trotz des vielen Verkehrs gibt es keine Verkehrsregeln, was manchmal zu einem ziemlichen Chaos führt. Auch Tiere laufen überall mitten auf der Straße herum und fressen leider oftmals den herumliegenden Müll. Hinzu kommt, dass die Menschen hier in sehr armen Verhältnissen leben. Oft leben und schlafen sie zu sechst in einem kleinen Raum. Das Geld reicht meistens auch nicht für ausreichend Nahrung oder Kleidung, sodass Kinder manchmal den Müll essen und schmutzige sowie kaputte Kleidung tragen.
Auch bei uns zuhause gab es einige Dinge, an die ich mich erstmal gewöhnen musste. Dazu gehörte zum Beispiel kalt duschen, häufige Stromausfälle und das Essen, das viel Reis und Kartoffeln beinhaltet. Aber auch unsere Wäsche waschen wir immer per Hand. All das war zwar erstmal eine große Umstellung, aber ich habe mich dann doch recht schnell daran gewöhnt.
Unter der Woche arbeiten wir hauptsächlich an einer Grundschule. Kinder, die auf diese Schule gehen, sind im Alter zwischen vier und zwölf Jahren und wachsen in sehr armen Verhältnissen unter schwierigen familiären und allgemeinen Lebensumständen auf. Um von unserem Zuhause in die Schule zu gelangen, fahren wir immer eine halbe Stunde zu dritt auf einem sogenannten “boda boda“. Das ist eine Art Mofa, das hier in Uganda das meist genutzte Verkehrsmittel ist.
Wie in Deutschland beginnt auch hier die Schule meist um 8 Uhr und endet so gegen 16 Uhr. Der Unterricht findet jedoch nicht in der Heimatsprache Luganda statt, sondern vielmehr auf Englisch, weshalb ich dieses Fach in der Schule auch am häufigsten unterrichte. Neben Englisch unterrichte ich aber auch noch Mathe und Naturwissenschaften. Anfangs habe ich die Lehrer nur im Unterricht begleitet, mittlerweile habe ich selbst schon einmal jede Klasse allein unterrichtet, wobei der Unterricht hier eher frontal stattfindet.
Neben dem Unterrichten kümmern wir uns außerdem noch um den Schulgarten und helfen zudem den Lehrern beim Servieren des Mittagessens. Dabei handelt es sich um eine Art Porridge, was für die meisten Kinder in der Schule die einzige Mahlzeit am Tag ist. Am Nachmittag wird dann oft traditionell zusammen getanzt und gesungen und es werden teilweise auch kleine Theaterszenen nachgespielt. Viele der Klassenräume sind sehr dunkel, stickig und teilweise auch undicht. Hinzu kommt, dass die Schüler während des Unterrichts eng gequetscht auf harten Holzbänken sitzen, weshalb wir immer versuchen die Nachmittage im Freien zu gestalten. So spielen wir auch oft zusammen Fußball oder andere Gemeinschaftsspiele.
Nach der Schule begleiten wir dann noch einige Kinder nach Hause, da der Schulweg besonders für die Jüngeren durch den vielen Verkehr und die unebenen Wege zu gefährlich ist. Die Schule bietet des Weiteren Freitag nachmittags einen Workshop für junge Mütter an, die oftmals jünger sind als ich. Dabei liegt meine Aufgabe besonders darin Aufklärungsarbeit zu leisten. Im Allgemeinen werden Frauen in Uganda nämlich stark von ihren Männern bevormundet, da sie als eine Art Eigentum des Mannes betrachtet werden und die Gesellschaft Männer den Frauen als überlegen ansieht. Sie sind häufig schon in jungen Jahren Opfer häuslicher Gewalt und sexueller Übergriffe. Viele der Frauen werden nach der Geburt ihrer Kinder auch von ihrem Partner verlassen und bleiben dann ohne wirkliche Einkommensquelle allein zurück. Der Workshop in der Schule soll den Müttern eine Art Safe Space bieten. Sie haben dort die Möglichkeit gemeinsam zu nähen und sich gegenseitig bezüglich ihrer Erfahrungen oder entstandenen Traumata auszutauschen. Dabei begleiten und unterstützen wir sie.
Am Wochenende haben wir dann immer frei und die Möglichkeit Uganda noch besser kennenzulernen. Hier fahren wir oftmals ca. eineinhalb Stunden mit einem sogenannten Taxi für umgerechnet einen Euro nach Kampala, der Hauptstadt.
Uganda hat aber auch vieles andere zu bieten. Es gibt viele Wasserfälle, Flüsse, Berge, Regenwälder, Nationalparks und natürlich den Viktoria See. Viele der Attraktionen durften wir schon kennenlernen und so waren wir beispielsweise schon auf dem Nil Wasser Raften. Vor Weihnachten gehen wir außerdem noch auf eine Safari.
Weihnachten verbringe ich dieses Jahr zusammen mit Leni und unserer Gastfamilie. Bisher stimmten wir uns schon ein bisschen mit Weihnachtsmusik ein und schmückten unsere Zimmer mit entsprechender Dekoration von zuhause. Andernfalls komme ich hier bei an die 30 Grad leider nicht wirklich in Weihnachtsstimmung, denn auch Weihnachtsdekoration oder geschweige denn Weihnachtsmärkte gibt es nicht.
Trotzdem ist Weihnachten für die Menschen hier ein bedeutendes Fest, da die meisten sehr gläubig sind. Daher gehen wir an Heiligabend auch in die Kirche. Wir stellen außerdem einen Weihnachtsbaum auf und kochen gemeinsam etwas Traditionelles zu essen. Des Weiteren gibt es eine kleine Bescherung, wobei man sich besonders Kleidung schenkt. Die Bescherung fällt aber natürlich bei weitem nicht so groß aus wie bei uns in Deutschland. Der Fokus an Weihnachten liegt vielmehr auf dem Glauben und dem Geschenk des Lebens, dass an diesem Tag besonders gefeiert wird. Die Lebensfreude der Menschen geht hier im Allgemeinen trotz der harten Lebensumstände nie verloren. Sie lassen sich nicht aus der Ruhe bringen und leben ganz nach dem Motto ,,Hakuna Matata“.
Auch wenn die Zeit hier oftmals herausfordernd ist und sicherlich nicht immer leicht, ist sie zugleich wunderschön und unvergesslich, denn man stößt immer wieder an seine Grenzen und muss lernen über sich selbst hinauszuwachsen.
Ich weiß, dass ein Freiwilligendienst nicht die ganze Welt verändern mag. Ich darf aber jeden Tag aufs Neue erleben, wie es die Welt für einen einzigen Menschen verändern kann und genau darauf kommt es an. In diesem Sinne wünsche ich auch meiner Familie und meinen Freunden ein schönes Weihnachtsfest.
Liebe Grüße
Lea Nothdurft