Weihnachtsgrüße
Wo Feiertage ganz anders sind ...
Micha Eßinger unterstützt mit seinem Freiwilligendienst eine Schule und ein Kinderheim in Bali.
Schon fast vier Monate ist es her, dass ich am Frankfurter Flughafen Deutschland „Lebewohl“ sagte und mich für die nächsten zehn Monate auf den Weg machte. Ziel der Reise: Indonesien, genauer gesagt die Insel Bali. Dort engagiere ich mich seit September im Rahmen eines Freiwilligendienstes in einem Kinderheim im Westteil der Insel.
Nachdem das ganze 2020 Corona bedingt nicht geklappt hat, habe ich jetzt nach dem Bachelorstudium einen neuen Anlauf gewagt. Ich wurde von den rund 50 Kindern und den Mitarbeitern sehr herzlich aufgenommen.
Der Ort, in dem ich wohne, heißt Blimbingsari und liegt idyllisch am Fuße einer kleinen Bergkette. Insgesamt ist das Dorf eher beschaulich, was einen angenehmen Kontrast zu der hektischen Gegend um die Insel-hauptstadt Denpasar darstellt. Dort bevölkern Horden von Motorrollern die Straßen und zu den Stoßzeiten kann eine eigentlich kurze Strecke auch gerne mal eine Stunde dauern.
Viele Dinge waren für mich erst mal ungewohnt. So wird hier zum Beispiel morgens, mittags und abends Reis gegessen. Des Weiteren ist das Wetter ganz anders. Das es heiß sein würde, war zu erwarten, allerdings ändern sich anders als in Deutschland die Zeiten nicht, wann die Sonne auf- und untergeht. Jeden Tag geht sie um 6 Uhr auf und kurz nach 18 Uhr unter. Eine lange Dämmerung gibt es nicht. Momentan ist Regenzeit, das heißt es regnet jeden Tag mindestens ein Mal. Meistens ist das mittags und dann schüttet es bisweilen sehr heftig.
Montag bis Samstag helfe ich in der Schule des Ortes, die überwiegend von den Kindern des Kinderheims besucht wird, beim Englischunterricht. Nachmittags habe ich dann Zeit, um entweder mit den Kindern Fußball zu spielen oder auf dem Roller die Gegend zu erkunden. Allgemein bin ich aber recht eingespannt, weshalb ich bisher noch nicht wirklich klassische Sehenswürdigkeiten von Bali angeschaut habe. Das will ich in den Weihnachtsferien auf jeden Fall ändern.
Die Indonesier erlebe ich als ein sehr offenes Volk, wenn man über den Markt läuft, ist es leicht ein Gespräch auch mit wildfremden Menschen zu beginnen. Viele sind sehr stolz auf ihr Land, aber auch Deutschland ist den meisten ein Begriff, denn Fußball ist hier Sportart Nummer eins und die deutsche Nationalmannschaft dementsprechend beliebt.
Ende September fand das Galungan-Fest statt. An diesem Tag feiern die Hindus den Sieg des Guten über das Böse. Schon in den Tagen davor begannen die Menschen ihre Häuser mit dem sogenannten Penjor, vergleichbar mit einem Maibaum, zu schmücken. Ich wurde von einer befreundeten Familie eingeladen und hatte so die Möglichkeit die Feierlichkeiten im Tempel hautnah mitzuerleben. Dort wird an drei verschiedenen Orten gebetet, wobei Räucherstäbchen und Opfergaben eine große Rolle spielen. Eine Form der Opfergaben sind verschiedene Arten bunter Blüten, die man zunächst beim Beten zwischen den Händen hält und sich danach in die Mütze steckt.
Nach dem Tempel wurden noch zahlreiche Verwandte besucht, die jeweils, wie in Bali üblich, auch einen kleinen Tempel besitzen, in dem dann nochmals gebetet wurde. Insgesamt war das alles sehr spannend und völlig anders als Feiertage, die man aus Deutschland kennt.
Vor ein paar Wochen habe ich ein traditionelles Büffelrennen besucht. Es war gar nicht so leicht herauszufinden wo das Mekepung, wie es auf Indonesisch heißt, letztendlich stattfindet, da der Austragungsort öfters wechselt. Das ganze kann man sich ähnlich vorstellen wie ein römisches Wagenrennen, allerdings mit Büffeln anstatt Pferden. Sowohl Büffel als auch Wagen sind reich verziert. Die einzelnen Gespanne fahren nicht gegeneinander sondern auf Zeit und es gibt zwei Durchgänge. Während es die meisten beim ersten Durchgang eher ruhig angehen ließen, ging es beim zweiten Durchgang deutlich rasanter zu und die Menge feuerte fleißig ihre Favoriten an.
Die Vorweihnachtszeit unterscheidet sich sehr von der in Deutschland. Das liegt zum einen am sehr heißen Wetter, zum anderen spielt Weihnachten in der indonesischen Gesellschaft nicht eine so große Rolle wie bei uns. Das heißt Weihnachtsmärkte und allgegenwärtige Deko sucht man hier vergebens. Auf Bali sind die Mehrzahl der Menschen Hindus und nur ein kleiner Teil ist christlich. Für sie ist Weihnachten aber um so wichtiger und es wird schon früh begonnen, alles zu planen und vorzubereiten. Tatsächlich haben die Menschen hier auch Weihnachtsbäume in ihren Häusern. Ich genieße meine Zeit hier sehr, dennoch bekomme ich, wenn ich das hier schreibe, ein wenig Sehnsucht nach Weihnachten im Kreis der Familie und leckeren schwäbischen Gutsle.
In diesem Sinne wünsche ich allen, die das hier lesen ein frohes Weihnachtsfest.
Micha Eßinger